Ca. 1910 Mouralis Spiritusbrenner Lampe

  • Hallo zusammen,


    Die Erforschung der Lampengeschichte durch Patente war für mich einer der Schlüssel, um die Entwicklung der Glühlampen/Brenner zu verstehen. Während der von mir durchgeführten Lampenpatentrecherchen. Ich habe die bekannten und nützlichen Patente gerettet, aber auch die innovativen, fantasievollen und verrückten, von denen Sie dachten, dass sie niemals in einer Produktion landen würden. Heute stelle ich euch vor eine dieser verrückten Patentlampen, jetzt in einer existierenden Lampe und nach einem kurzen Restaurierungsprozess.

    Dies ist eine Spiritus-Glühlichtampe von einem früheren unbekannten Lampenerfinder; der französische Priester (Abbé Joseph Mouralis). Mouralis hat drei gültige Lampenpatente für diesen Lampentyp FR420007A, FR14628E und FR591191A, das früheste aus dem Jahr 1909. Die Patente waren auch für alkoholgespeiste Kocher mit dem gleichen Dochtbrennstoffzufuhrprinzip, wie die Lampen gedacht.

    Dieser Lampenbrenner basiert im Wesentlichen auf dem Patent von Schuster & Baer aus dem Jahr 1895, wo ein mit einem Docht gespeister Spiritusbrenner von einem Hilfsdochtflamme beheizt wird. Viele benutzten diesen Brennertyp um das Jahr 1900 .... Bec Callophane (Engelfred), Primus-Spiritus-Vergaser (Eckel & Glinicke ) und Auer.

    Das Neue, das Mouralis seiner Erfindung hinzufügt, ist die Art und Weise, wie der Brennstoff dem Brennersystem zugeführt wird. Sowohl für seine Lampen als auch für seine Kosher, verwendet er einen hoch angebrachten Glaskugel-Brennstoffbehälter, bei dem die tunnelartige Öffnung an der Unterseite der Glaskugel einen Korken mit einem Docht hat. Nachdem Sie die Glaskugel mit Alkohol gefüllt haben, setzen Sie den Korken mit Docht auf und legen dann die Kugel hinein aufrechtes Behälterrohr aus Messing, das mit der eigentlichen Lampe und dem Brenner verbunden ist. Durch die Schwerkraft erhalten Sie einen Tropfvorgang aus dem Alkoholglasbehälter durch den Docht und dieser Alkoholtropfen versorgt den Dochtbrenner durch das mit Messing verbundene Rohr mit Alkohol.


    Bei gezündetem Zünddocht entsteht ein Heizvorgang im Brenner und Dampf drückt durch die Düse zur Brennkopf mit Glühkorp und .... voila .... die Lampe brennt.


    Dies ist keine dampf-/schwerkraftgespeiste Lampe in Bezug auf den verwendeten atmosphärischen Druck, obwohl die Schwerkraft für den Tropfvorgang der Brennstoffzufuhr benötigt wird. Stattdessen würde diese Lampe als eine mit Docht gespeiste Lampe bezeichnet werden, da es einen Docht sowohl in der Lampenbrennstoffzufuhr als auch für den Brenner selbst gibt.


    Diese Lampe ist auf dem Brennerkopf mit „Saekular-Licht“ gekennzeichnet, was Deutschland als Herstellungsland kennzeichnet. Der Brenner mit Galerie ist identisch mit anderen Dochtbrennern, die ich habe, die als "Primus-Spritus-Vergaser" des deutschen Herstellers Eckel & Glinicke bezeichnet werden. Dies ist also wahrscheinlich eine in Deutschland hergestellte Lampe nach dem Mouralis-Patent.


    Was wissen wir von diesem Joseph Muralis? Ich habe gesucht, aber nicht viel gefunden, fürchte ich!

    Ab 1911 eine Zeitungsanzeige seiner „Lampe Jeanne D´arc“ sowie ein Artikel von einer technischen Erfinderausstellung in Paris mit einem Foto von Abbé Mouralis in voller Priesterkleidung vor seinem Lampen-/Ofenständer. Ein außergewöhnlicher Blitz einer vergangenen Realität auf diesem körnigen Schwarz-Weiß-Foto. Ich denke, auf diesem Foto zeigt der Abbé Mouralis stolz das Ergebnis seiner Erfindung in Bezug auf Lampen und Spirituskocher. Ich bin auch stolz, einen von ihm sehr seltene Lampe zu besitzen..


    /Conny









    Mouralis und Eckel & Glinicke Lampen zusammen




    Patent 1909/1911 ........





    Lampe Jeanne D´arc .............. und Mouralis Foto .....




       

  • Dieses Suchen nach den Hintergründen, Ursprüngen und der Geschichte von Lampen sehe ich beim Sammeln als das Salz in der Suppe an - zusammen mit der vorsichtigen Restauration ohne die eigentliche Patina zu zerstören ...


    Schöner Bericht !!! :thumbup:

    Gruß Rolf


    Den Kopf nicht nur zum Haareschneiden nutzen...

  • Ich kann mich Rolf nur anschließen!


    Was Du da machst ist aller Ehren wert - sowohl in technischer als auch in historischer Sicht!


    :applaudit:


    Christian

    Hier wird das Licht von Hand gemacht...
    ... und der Motor gehört nach hinten!

  • Ich habe mal versucht beim Bild des Abbes Mouralis die grobe Rasterung, die man damals bei Zeitungsbildern hatte, zu unterdrücken.

    Man müßte aber das Original haben um besser scannen zu können.



    Gruß Rolf


    Den Kopf nicht nur zum Haareschneiden nutzen...

  • Danke Rolf


    Damit mein Lampenhobby interessant wird, brauche ich vier Zutaten.


    1. Lampen und Brenner in Auktionen zu finden, sowohl physisch als auch online, und Antiquitätenläden und Flohmärkte besuchen. Auch Kaufen und tauschen zwischen Sammlern

    2. Die Restaurierung, indem zunächst fehlende Teile gefunden oder hergestellt werden und die eigentliche Demontage und Montage der Lampe. Dies gilt natürlich auch für das erfolgreiche Zünden des Brenners/der Lampe nach der Restaurierung.

    3. Informationssuche nach relevanten Fakten über den Brenner/die Lampe durch Patente, Kataloge und Bücher und Zeitschriften. Auch diverse Lampenforen sind gute Quellen.

    4. Die Dokumentation des Brenners/der Lampe mit Text und Fotos.


    /Conny

  • Hallo Conny,


    ein sehr guter und ausführlicher Beitrag!

    Was man alles machen und recherchieren kann :done:.


    Gruß Frank

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    Sünden und böse Geister scheuen das Licht.
    (Friedrich Schiller)
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  • Da schliesse ich mich mal meinen Vorrednern an,

    alles perfekt - Hut ab und Glückwunsch!

    :)

    Gruss aus dem "Bayerischen Nizza"
    Rüdiger II.
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    So ist das halt mit dem Licht: Mal brennt es und mal brennt es nicht ...
    ALLE haben immer gesagt: DAS GEHT NICHT.
    Dann kam EINER, der wußte nix davon und HAT'S einfach GEMACHT.

    | In der Theorie gibt es keinen Unterschied zwischen Theorie und Praxis, in der Praxis schon. |