Die Lampe der Armen

  • Diese Lampe habe ich 1984 auf einem Markt in Nicaragua gekauft. Es war damals die Standardlampe des ärmeren Drittels der Bevölkerung. Die gleichen Lampen gab es auch in Costa Rica und wohl auf dem ganzen lateinamerikanischen Kontinent.


    Der Tank ist nicht etwa aus einer Konserverdose angefertigt, sondern aus eigens zugeschnittenen Weissblechteilen zusammengesetzt. Das Blech könnte aus gebrauchten Ölkanistern gewonnen sein, ich vermute aber eher, dass es neues Blech war, denn auf den Märkten glänzten die neuen Lampen noch recht schön.


    Bemerkenswert ist der Flansch am Dochthalter. Die runde Blechscheibe wurde teilweise umgebördelt, so dass ein gut greifbarer, welliger Rand entstand. Dass die ganze Lampe vollständig manuell angefertigt ist, erkennt man an vielen kleinen Unterschieden und daran, dass die Lötstellen mit relativ viel Lot ausgeführt sind. Der Tank hat einen Durchmesser von 65 mm und fasst etwa 175 ml Brennstoff.


    Betrieben wurden die Lampen meistens mit Dieseltreibstoff, soweit ich verstanden habe. Petrol war hier zu teuer. Dies gab eine stark blakende, russende und stinkende Flamme mit wenig Lichtausbeute. Da die Flamme offen war, flackerte sie auch stark. Lesen konnte man damit nicht.


    Die Tage sind kurz in den Tropen. Man steht in der Nacht um fünf oder früher auf, um bei Tagesanbruch an der Arbeit zu sein, bevor die Hitze zu gross wird. Abends um sechs ist es bereits wieder Nacht. Lampen sind deshalb sehr wichtig. Petrollampen mit Glaszylinder waren unerschwinglich für die arme Bevölkerungsschicht. Ich hoffe es seien inzwischen mehr geworden, die sich wenigstens Petrollampen leisten können.


    Gruss: Teekoch

  • Hallo Teekoch,


    da hast du ja was Schönes aus Nicaragua mitgebracht!


    Eine liebevoll und gut gemachte Lampe, schade dass die Lichtausbeute mit dem üblen Brennstoff und ohne Zugzylinder so gering ist. Kann man sich durch deine Geschichte richtig gut vorstellen, die Lichtproblematik in den Tropen. Ohne Moos nix los bzw. bis auf eine qualmende Tranfunzel zappenduster...all night long!


    Wenn du noch Kontakt mit den Leuten hast könnte man ja sammeln und da ein paar FH 276 hinschicken, die ist ja gegen das Teil der reinste Scheinwerfer.
    Bleibt natürlich das Problem mit dem Brennstoff - also doch wohl besser gleich Solar-Akku -Lampen?


    Grüße

  • Hallo.


    Interessante Lampe, das.


    Glas zu teuer? Kann ich mir irgendwie gar nicht vorstellen, dass da nicht irgendwelche Glaszylinder (z.B. Marmeladenglas oder Flasche) zu finden wären, die man zur Beruhigung der Flamme benutzen könnte.


    Aber von wegen "Lampe für die armen", da bin ich unlängst auf ein verblüffend inovatives Video gestossen:


    http://www.youtube.com/watch?v=N0C-lSvbLT4


    Die braucht weder "Brennstoff", noch Strom (:P) liefert aber nur dann Licht, wenn's draussen sowieso hell ist - macht aber trotzdem Sinn.. 8)

    Liebe Grüsse und immer einen gut getränkten Docht!


    Silvio

  • Das ist schon eine echt geile Idee mit der PET-Flasche.


    Übrigens: diese Nicaragua-Lampen habe ich heute zufällig im Schaufenster eines hiesigen Schickimickie-Ladens gesehen. Allerdings mit Kerzen bestückt. Das Preisschild war nach hinten gedreht. Ich versuche mal, morgen davon ein Bild zu machen und stelle entgegen den Forenregeln mal den hier üblichen Verkaufspreis ein.

  • @ Slyv:
    Glas war 1984 in Nicaragua absolute Mangelware, es herrschte Krieg gegen US-finanzierte Söldnerbanden und das Land war weitgehend von Importen abgeschnitten. Die Häfen waren vermint, Exporte kaum noch möglich.


    Ein Beispiel: Der im Land produzierte Rum wurde in Glasflaschen (vermutlich 7dl) verkauft. Wer fünf leere und noch brauchbare Rumflaschen in die Verkaufsstelle zurückbrachte, bekam dafür eine volle Flasche Rum gratis. Habe ich selber einmal gemacht, weil ich es anfangs für einen Scherz hielt, als man mir das sagte. Beschädigte Flaschen aller Art wurden auf halber Höhe abgesägt (ich weiss nicht genau wie) und die unteren Hälften waren dann als Trinkglas überall in Gebrauch, auch in Restaurants.


    @ Andreas Finke:
    Ein solches Foto würde mich wirklich sehr interessieren! Machst du noch ein Bild vom Schaufenster, damit man etwas einen Eindruck vom Drumherum bekommt?


    Gruss: Teekoch

  • hallo zusammen,
    als ergänzende bemerkung:
    solche teile werden vorzugsweise aus nicht mehr benötigten
    weißblechkanistern angefertigt. basis sind z.b. alte 3-5ltr.
    motorenölkanister. die 200 ltr. industriefässer werden auch zu
    allem möglichen verarbeitet.
    wischeimer, lampen, kochstände, grills, kinderspielzeug usw..
    alles aus alten kanistern. man kann nur staunen was aus altblech
    angefertigt werden kann.


    zumindest für südostasien kann ich aussagen, dass solche lampen
    meist mit palmöl befeuert werden. diesel ist nicht "dochtfähig".
    deshalb wird das überall erhältliche palmöl verwendet.


    gruß
    thomas

  • Wenn ich sehe wie und womit die dort "Licht" machen
    und dann überlege, dass wir auch Drucklampen nur so
    zum Spass sammeln und die meist ungenutzt in Kisten
    dahin vegetieren lassen, dann wird man schon echt
    nachdenklich


    ich zumindest, und dann der Preis der Lampe in D, davon
    könnten sich die armen Kerle in Südamerika sicher ne ganze
    Ladung von den Lamopen oder Petroelum für ne ganze Woche
    leisten


    Die Welt ist eben leider nicht gerecht , nur mal so zum nachdenken


    Eugen j.Keusen

    es grüßt freundlichst Euer Mod


    Eugen J.Keusen


    KEUSEN@KEUSEN.DE Das Leben ist zu kurz um sich zu ärgern, genieße jeden Tag.

  • hallo zusammen,
    wo wir schon beim nachdenken sind:


    über eine milliarde menschen hat keinen zugriff auf
    ein stromversorgernetz. diese menschen werden von
    den ölunternehmen richtiggehend ausgenommen.


    es gibt zumindest in afrika projekte die licht u.
    datenversorgung über solarenergie flächendeckend
    als ziel haben.


    lt. einer berechnung kann eine familie in afrika bis zu
    50% ihrer energiekosten pro monat einsparen, wenn sie
    zugang zu solarenergie hat. dies im vergleich zu
    erdölgenerierter energie.


    das problem ist also nicht der besitz einer lampe, sondern
    die flächendeckende versorgung mit günstiger solarenergie.


    wobei hier in unserem kulturkreis der teuerste luxussprit
    in lampen u. fahrzeuge gekippt wird. was noch viel
    schlimmer ist: oftmals unnötig.


    gruß
    thomas

  • Wir könnten ja vom Forum aus mal eine Lampenspende sammeln und alles, was nicht benötigt wird in einem Container nach Afrika schicken ...


    Ich glaube, damit ist nicht wirklich jemandem geholfen. Viel nachdenklicher macht mich immer, was an Spenden so hier in Deutschland gesammelt wird, unter welchem Vorwand, und wo die Spendengelder versickern. Da gab es in der Vergangenheit ja schon sehr gute Beispiele: UNICEF, Weißer Ring, Luftrettung und da sind bestimmt noch viele andere Organisationen, die sich sehr gut aus den Spenden selbst finanzieren, statt wirklich zu helfen.

  • Das Problem ist, dass sich immer irgendwelche Organisationen dazwischenschieben. Am besten wärs wenn man wüsste was gebraucht wird und man dann selber ein Päckchen packen und verschicken könnte über die sich die Leute dann wirklich freuen so wie mit den Carepaketen von den Amis nach dem Krieg oder unsere Päckchen nach Polen zur "Solidarnoshzeit". Wenns die Leute direkt kriegen passt es am besten.


    Die Lampe als Kerzenhalterung finde ich übrigens sehr gelungen.


    Grüße

  • Zitat

    Am besten wärs wenn man wüsste was gebraucht wird und man dann selber ein Päckchen packen und verschicken könnte über die sich die Leute dann wirklich freuen


    Nee, am besten wäre es, wenn man den Leuten da die Möglichkeit geben würde, ihre benötigten Produkte da selbst herzustellen und zu verkaufen. Dann hast du nämlich Arbeit und Wertschöpfung im Land, Spenden bringen doch nichts (außer vielleicht kurzfristig nach einer
    Katastrophe)


  • Nee, am besten wäre es, wenn man den Leuten da die Möglichkeit geben würde, ihre benötigten Produkte da selbst herzustellen und zu verkaufen. Dann hast du nämlich Arbeit und Wertschöpfung im Land, Spenden bringen doch nichts (außer vielleicht kurzfristig nach einer
    Katastrophe)


    Ja nee, das Thema ist doch auch schon durch. Da wurden in Afrika Projekte mit Hühnerfarmen gefördert und anschließend wurde der Markt mit vergammelten Hühnerabfällen aus unserer heimischen Wirtschaft überschwemmt. Es handelte sich dann um angetaute Tiefkühlware, wo die "Chickenwings" fehlten. Da gab es mal eine schöne Doku zu dem Thema im Fernsehen. Die afrikanischen Hühnerfarmen machten daraufhin alle Pleite. Die Profitgier mancher Unternehmen ist echt zum :kotz:


    Ich glaube, dieser Beitrag ist es:


    http://www.youtube.com/watch?v=whHx_gWxTp4

  • Nee, am besten wäre es, wenn man den Leuten da die Möglichkeit geben würde, ihre benötigten Produkte da selbst herzustellen und zu verkaufen. Dann hast du nämlich Arbeit und Wertschöpfung im Land, Spenden bringen doch nichts (außer vielleicht kurzfristig nach einer
    Katastrophe)


    :applaudit:

    :)

    Gruss aus dem "Bayerischen Nizza"
    Rüdiger II.
    ___________________________________________________________________________________________
    So ist das halt mit dem Licht: Mal brennt es und mal brennt es nicht ...
    ALLE haben immer gesagt: DAS GEHT NICHT.
    Dann kam EINER, der wußte nix davon und HAT'S einfach GEMACHT.

    | In der Theorie gibt es keinen Unterschied zwischen Theorie und Praxis, in der Praxis schon. |

  • hallo zusammen,
    es gibt vernünftige kooperationsansätze mit industriestaaten.
    z.b. die fair trade projekte.


    um es nochmals klar darzustellen:
    die brauchen keine vergammelten petrolampen, die brauchen
    infrastruktur für energie u. kommunikation.


    die menschen wollen high tech um vorwärtszukommen.
    wenn du da mit ein paar blechlaternen um die ecke kommst,
    hauen sie dir die um die ohren;-)


    niemand braucht für _nicht_hungerländer_ etwas zu spenden.
    länder wie z.b. tansania sind lediglich 30 jahre in der industrialisierung
    im rückstand. deshalb ist die bevölkerung nicht "arm dran" und auch
    nicht dumm.


    gruß
    thomas

  • ich kann denen aber keine Fabrik bauen sondern würde nur gerne ein Päckchen schicken.


    Den Rest wuppen die Leute in Nicaragua schon selber, wenn man sie lässt!