Umstieg auf regenerative Energien - Die Moderateur Lampe

  • Hallo Beisammen,


    vor einiger Zeit konnte ich einen recht guten Fang in der Bucht machen. Eine vollständige Moderateur Lampe in optisch recht ansprechendem Zustand. Siehe Bild 1.
    Die Lampe kam zu mir und der äußere Zustand bestätigte sich, etwas oxidiert und mit altem Öl versifft aber sonst ganz gut. Der Aufzug klemmt leider etwas, war aber noch beweglich, der Dochttrieb nicht.
    Nun wusste ich nicht wie die Lampe auseinander zu bringen war. Bei meiner Recherche bin ich dann auf die Seiten, des verstorbenen, Lothar Spaniol gestoßen, der wirklich großartige Arbeit geleistet und unglaublich viel dokumentiert hat. Daher gebührt mein Dank, posthum, vor allem Ihm und seinen Beschreibungen.
    Ich wusste nämlich zunächst nicht wie die Lampe auseinander zu bekommen sei. So wie die Hülle der Lampe aufgebaut war musste jedoch zunächst der Brenner runter. Dieser war leider nicht nur eingeschraubt oder gesteckt, sondern mit zwei Haltenasen fixiert und zusätzlich verlötet. Das wusste ich aber erst nachdem ich allen Mut zusammengenommen habe und den Brenner erhitzt und mit etwas Gewalt herausgezogen hatte.
    Die ersten Bilder zeigen die Lampe beim Kauf und die folgenden den herausgezogenen Brenner vor dem Einbau.
    Den Brenner hatte es durch das Herauslöten etwas zerlegt (weil auch nur gelötet). Ich habe Ihn grob gereinigt und etwas entrostet und wieder zusammengelötet. Das obere Teleskoprohr benötigte eine neue Lederstopfung die ich mit 2 K Kleber fixiert habe. Hautleim hätte es sicher auch getan. Die Stopfung sieht man auf Bild 2 links (Brenner von unten).
    Den Dochtrieb habe ich durch zweiwöchiges Einlegen in Sonnenblumenöl wieder gangbar bekommen. Der Originaldocht war noch zu ca. 7 cm erhalten (80%). Interessant ist übrigens der einfache Dochtwechsel dieser Lampen. Der Docht wird ganz hoch geschraubt, dabei kommen zwei Haltekrallen zum Vorschein, die sich öffnen. Der alte Docht wird herausgenommen, der neue oben hineingesteckt und heruntergedreht. Das war es. Kein Gematscher im Petroleum. Dieses System ist sehr ähnlich wie bei den Sonnenbrennern der Firma Ditmar, die in ihrer Geschichte ebenfalls Moderateur lampen hergestellt hat. Ich denke daher kommt die eigentliche Idee des Saugdocht/Branddocht Systems.
    Der Docht ist sehr dünn und leicht beweglich, klar es müssen ja keine großen Massen bewegt werden.

  • Weiter geht es.


    Das eigentliche Problem war aber die Ledermanschette. Um dort heranzukommen musste ich den Boden der Lampe auflöten, problematisch ist das darin alles unter Spannung steht. Daher habe ich die Manschette ganz nach oben gezogen und im Schraubstock fixiert. Danach ging es ganz gut. Die Manschette war noch einigermaßen weich aber schon rissig und damit entschloss ich mich sie zu ersetzen. Damit gingen die Probleme los. Ich will nicht alle Fehlschläge dokumentieren nur soviel: Schnell machen, geht nicht. Man benötigt eine Form die ca. 2-3 mm weniger Innendurchmesser als der Innenzylinder der Lampe hat. Dieser hatte 86 mm, zum Glück gibt es entsprechende Rundbohrer mit 86 mm. Ein entsprechendes Stück Holz genommen und gebohrt. Blöd war das der Durchmesser des Loches ca. 87 mm war ich brauchte etwa 83-84 mm. Also habe ich mir 2 Streifen aus Weißblech geschnitten und eingepasst bis ich den Durchmesser hatte (im Bild ist nur einer eingelegt). Zuvor hatte ich das Loch und den Bohrkern natürlich geglättet und geschliffen.
    Danach habe ich Wasser auf ca. 100 °C gebracht (Wasserkocher reicht) und ein zuvor geschnittenes Stück Leder darin ca. 45 Sekunden eingelegt. Das Leder wurde nun schnell (<15 s) in die Form gepresst. Die Form hatte ich vorher etwas geschmiert damit es besser flutscht. Dennoch braucht es reichlich Kraft wenn es funktionieren soll. Das Lederstück muss stark gepresst werden und es dürfen keine Wellen entstehen. Es muss kreisrund werden. Das Ganze habe ich verpresst abkühlen lassen und dann über (nicht auf) der Heizung in der Form trockenen lassen (über Nacht). Danach aus der Form genommen wieder 3 Stunden trocknen lassen, fertig. Lothar Spaniol hat dann beschrieben das die Dichtlippe des Leders abgeschrägt werden muss. Dies habe ich an einem Schleifstein gemacht, bis das Leder von 3 auf 1 mm an der Spitze verjüngt wurde. Wie das Ganze dann im eingebauten Zustand aussieht, ist im letzten Bild dargestellt. Es dichtet perfekt :).

  • Ich wusste das noch was wegen meiner Sandalen kommt :). Muss ich euch recht geben, bin da leider kein Vorbild. Jetzt aber weiter im Text.
    Das Ganze hat also hübsch abgedichtet (nach einem vorherigen Fehlschlag mit einem welligen Leder).
    Nun habe ich freilich die Lampenhülle (Messing) und alle Teile ordentlich gesäubert sowie ein Bodenleder fixiert. Letzteres wird kreisrund mittels zweier gelöteter Krallen fixiert und verhindert das der Moderator und das unterer Teleskoprohr hart aufsetzt.
    Der Zusammenbau erfolgte in umgekehrter Weise. Zunächst mit einem Stempel die Feder mit der Ledermanschette im Tubus hochgedrückt. Danach (unter Druck) den Brenner aufgesetzt und schnell die Zahnstange eingefädelt. Damit kann die Manschette nun hochgezogen und fixiert werden. Zuvor muss noch der Mantel in der richtigen Reihenfolge aufgesetzt werden. Diese erschließt sich dem der ihn vorher auseinandergebaut hat :). Danach kann das Bodenblech fixiert werden (wieder löten). Wichtig ist das der Kolben dabei bis zum Anschlag hochgezogen ist, da durch die entstehenden Temperaturen sonst das Leder beschädigt wird.
    Danach kann der Brenner wieder befestigt werden. Da ich mir nicht ganz sicher war ob es dieses Mal funktionieren würde (hatte vorher schon einen Durchlauf) habe ich dies nur mit Wachs statt mit Lot gemacht. Das ist zumindest fest genug um die Lampe am Brenner hoch zu heben (nicht empfohlen) und ich laufe dabei nicht Gefahr diverse Teile des Brenners loszulöten. Die Haltenasen habe ich ebenfalls nicht zurück gebogen, da man die Teile sonst irgendwann in der Hand hat.
    Nun war die Lampe erst mal komplett. Und ich habe knapp 700 ml Sonnenblumenöl in den oberen Trichter eingefüllt (bis Unterkante-Oberkante). Einen Verschluss braucht es nicht. Durch den hohen Siedepunkt von pflanzl. Öl und die konstruktionsbedingt, geringe Erwärmung des Bassins, verdampft es praktisch nicht. Und riecht natürlich auch nicht :). Jetzt habe ich die Lampe aufgezogen und tatsächlich der Aufzug blieb praktisch stehen. Ein Zeichen dafür, dass die Dichtung funktioniert. Nach ca. 5 min kam das Öl oben am Docht an und schwappte über. Überlaufendes Öl ist kein Problem und wird über ein trickreiches Kanalsystem zurück in das Bassin geführt wird. Ein Aufzug hält ca. 5 h.
    Nun wird der Docht ca. 1/2 Zoll herausgedreht und entzündet. Das dauert etwas länger als bei Petroleum. Danach habe ich schnell den Zylinder aufgesetzt und das Licht ausgemacht. Herrlich! Die Flamme ist der eines Kosmosbrenners zum Verwechseln ähnlich, riecht aber praktisch kaum und wenn dann ein wenig nach Pommes :). Die Helligkeit des 10 linigen Brenners beträgt ungefähr 10 Kerzen und läuft wie gesagt mit regenerativen Energien, also Raps- oder Sonnenblumenöl. Ich würde kein Petroleum einfüllen, da die Viskosität anders ist und damit der Aufzug weniger lang hält. Außerdem erübrigen sich damit die Vorzüge einer Lampe die sonst mit pflanzl. Ölen betrieben wird.


    Mein besonderer Dank, gilt an dieser Stelle noch einmal Lothar Spaniol, ohne dessen ausführliche Arbeiten und hervorragende Dokumentation die Restauration dieser Lampe nicht möglich gewesen wäre!


    Viele Grüße


    Kevin

  • Als ich das erste Mal Lothar Spaniols Webseite durchforstete,
    war mir unmißverständlich klar, daß diese Moderateurlampen wohl so etwas,
    wie die "höheren Weihen" der Dochtlampen bedeuten, sage ich jetzt mal.


    Also nix da, mit eben mal polieren, nen Docht einziehen, Grilli rein und es werde Licht.
    Deswegen zog ich "damals" virtuell meinen Hut und verneigte mich
    vor Herrn Spaniols Fertigkeiten und beinahe schon "Künsten".
    Prachtvoll, diese Lampen und ebenso prachtvoll seine Aufzeichnungen!


    Nun verneige ich mich ein zweites Mal - vor Dir, Kevin!
    Meinen allergrößten Respekt!


    Keine Ahnung, müßte erst mal "googeln", ob sich da schon mehr Leute ran getraut haben,
    eine Moderateurlampe zu zerlegen, sie instand zu setzen
    und am Ende sogar zum Leuchten gebracht zu haben?


    Egal, ich finde es super, was Du da hingezaubert hast
    und erfreue mich besonders auch an den Leuchtbildern!
    Danke, daß Du uns teilhaben läßt!

    :)

    Gruss aus dem "Bayerischen Nizza"
    Rüdiger II.
    ___________________________________________________________________________________________
    So ist das halt mit dem Licht: Mal brennt es und mal brennt es nicht ...
    ALLE haben immer gesagt: DAS GEHT NICHT.
    Dann kam EINER, der wußte nix davon und HAT'S einfach GEMACHT.

    | In der Theorie gibt es keinen Unterschied zwischen Theorie und Praxis, in der Praxis schon. |

  • Super Arbeit :thumbsup:


    Die Moderatorlampen sind schon schicke Spielereien aber leider müssen die wirklich ständig gepflegt und auch benutzt werden, da sie sonst recht schnell festsitzen da das Speiseöl dicker wird und irgendwann verklebt wenn es steht.


    auch der Docht will ständig gut gepflegt werden wegen Verkokungen usw.


    aber so hast du das Super hinbekommen.


    Gruß,


    oli

  • Einfach nur ganz großen
    :respekt:


    ich würde mich da nicht mal ran trauen
    geschweige es denn auch so hin kriegen


    aber getreu dem Motto,


    "Eine Lampe ist zum leuchten da" hast Du
    das ganz prima wieder hinbekommen.


    Nun muss die Lampe aber auch regelmäßig
    ihren Job machen, damit es da keine Probleme
    gibt, ich gönne es Dir von Herzen :-)


    .

    es grüßt freundlichst Euer Mod


    Eugen J.Keusen


    KEUSEN@KEUSEN.DE Das Leben ist zu kurz um sich zu ärgern, genieße jeden Tag.

  • Würde ich einen Hut besitzen, würde ich denn jetzt aufsetzten, nur um ihn danach ziehen zu können..... :respekt:
    Hätten einige hier (mich eingeschlossen) nicht hinbekommen, geschweige denn sich getraut, das Teil überhaupt zu zerlegen.

    Allzeit Gut Pfad
    Grischa

    Einmal editiert, zuletzt von Wen1g ()

  • Moin Kevin,


    mann da kann mensch wirklich nur Applaus spenden! :applaudit::applaudit::applaudit:


    Nicht nur, dass Du diese anspruchsvolle Leuchttechnik wieder zum Leben erweckt hast, mein, Du hast auch ein wunderschönes altes Stück wieder hervorragend aufgearbeitet.


    Allein die Lampe selbst ist ja schon eine Augenweide, dann noch mit diesem Innenleben. Ich wünsche Dier einfach nur ganz, ganz viel Freude mit der Lampe!!!


    Christian

    Hier wird das Licht von Hand gemacht...
    ... und der Motor gehört nach hinten!

  • Hallo Kevin,


    wirklich Super gemacht!! Ob es jetzt noch Sinn ergeben würde
    verschiedene Öle zu testen??


    Grüße
    Karsten


    Hast Du noch mal was von Conny gehört?

  • Hallo Beisammen,


    vielen Dank für das reichliche Lob :) von eurer Seite, ich bin richtig platt!


    Um das ein wenig zu dämpfen: Vielleicht habe ich das etwas zu großspurig dargestellt, so komplex ist die Materie gar nicht. Man benötigt etwas Zeit und eben vor allem eine gute Anleitung. Ich denke eine PX ist ähnlich komplex mit den vielen Dichtungen Ventilen, Düsen und Einstellungen. Außerdem, wenn ich hier manchmal sehe, was die Leute alles reparieren, modifizieren oder Ersatzteile selbst aus Messing drehen (nicht wahr Karsten?) dann bin ich mindestens genau so platt. Da hatte ich den Vorteil das die Lampe wirklich komplett war und nur die Ledermanschette und die Stopfdichtung ersetzt werden mussten. Trotzdem, Danke, nocheinmal :)


    Die Lampe werde ich demnächst sicher noch häufiger in Betrieb nehmen auch weil noch verschiedene Experimente damit anstehen, z.B. wie Karsten meinte verschiedene Ölsorten zu testen wie z.B. Rapsöl. Rapsöl ist etwas viskoser und hat darüber hinaus eine etwas höhere Zündfähigkeit. Beides könnte sich in der Weise auswirken, dass die Entspannung der Feder etwas langsamer abläuft und es weiterhin zu weniger starken Verkokungen am Docht kommt. Letztere sind nämlich recht stark. Nach fünf Stunden Betrieb platzen die oberen 3 mm Docht regelrecht ringförmig ab und sind fest verkokt. Das ist so noch nicht befriedigend. Da der Verschleis ja recht hoch ist, werde ich mal nach NOS Originaldochten mit 1,4 cm Innendurchmesser Ausschau halten. So etwas schwimmt manchmal in der Bucht :).


    Viele Grüße


    Kevin

  • Toll gemacht, Kevin! :respekt:


    Auch ich habe so eine Moderateurlampe, aber nicht ganz komplett…
    Es fehlen nur noch: Kolbenleder, Lederdichtung am Steigrohr, Feder und Zahnstange.
    Alles andere ist noch in gutem Zustand.
    Problem wird wohl sein, die Feder zu bekommen. Die Zahnstange, glaube ich, kann man noch erwerben.
    Für das Kolbenleder werde ich mir eine Holzdose nach Lothar Spaniol anfertigen müssen.
    Irgendwann wird sie dann wohl auch noch einmal leuchten. :)


    Gruß Dieter


    Es wurde schon alles gesagt, nur nicht von Jedem. (Karl Valentin) :user:

  • Hallo Kevin,


    der Durchmesser der Ölbüchse beträgt 95 mm.
    Die Länge 160 mm.


    Gruß Dieter


    Es wurde schon alles gesagt, nur nicht von Jedem. (Karl Valentin) :user: