Kaestner & Toebelmann mit Bandeisenaufzug + Glashaltedraht aus Messing, ca. 1897

  • Hallo zusammen,


    nach langer, langer Zeit habe ich endlich mal wieder eine Lampe fertig bekommen.


    Gut 1 1/4 Jahre hat das ganze Projekt gedauert. Was aber nicht heißen soll, dass ich da jeden Abend dran gesessen habe. Es gab auch wochenlange Pausen, wo gar nichts passierte. Zudem gab es noch viele andere Projekte von mir. Beispielsweise die Reproduktion von Tankdeckeln und Plaketten. Und meine Werkstatt ist nun größer, wärmer und trockner geworden.


    Bekommen habe ich die Lampe im Juli 2022.


    Sie war in einem ziemlich schlechten Zustand.


    Hier die Mängel, die beseitigt werden sollten:


    1. Am Kaminende fehlte ein Stück. Genau an einen der beiden Seiten, wo der Henkel durch das Kaminende läuft.
    2. Einige Beulen und jede Menge kleine Löcher an den Luftrohren und Muffen.
    3. Eine Lötstelle die das eine der Luftrohre mit dem Tank verbindet war gerissen.
    4. Undichter Tank.
    5. Das Bodensieb waren einige Stellen weg gerostet.
    6. Fehlender Tankdeckel.
    7. Eine Führungsöse des Glashebedrahtes fehlte, eine Öse war lose.
    8. Die Hülse in dem der Brenner steckt war am Tank lose.
    9. Zudem war das Schutzgitter, so meine Wahrnehmung etwas zu groß und lag daher unten auf den Muffen auf.

    Den Zustand nach dem Kauf und die meisten Mängel kann man auf den Bildern recht gut erkennen:


     


    Also los mit der Restauration:


    Glas raus. Brennerkappe und Brenner abgeschraubt und alles bis auf das Glas ins Zitronensäurebad.


    Nach dieser Behandlung sah ich, dass sowohl der Bandeisenaufzug, als auch der Glashaltedraht aus Messing gefertig wurden.


    Ich schickte Jörg ( stonewasher ) ein paar Bilder zu. Nach intensiven Austausch, bei dem auch Sirko ( Poe ) befragt wurde, stellte sich raus, dass es sich bei der Lampe wahrscheinlich um ein unbekanntes 7 liniges Modell von Kaestner & Toebelmann handelt. Wahrscheinlich um 1897 gebaut.



    Im nächsten Beitrag der gleich kommt geht es dann um die Beseitigung der Mängel.


    Viele Grüße,

    Sigi

  • Mängelbeseitigungen:


    Im ersten Schritt ging es an die Reperatur des Fehlstückes am Kaminende. Zuerst einmal den Henkel entfernen. Also mit der Kneifzange den Draht des Henkels durchgetrennt und raus mit dem Henkel.


    Danach passte ich ein Stückchen Messinggaze der Fehlstelle an und klebte es dann mit meinem so geliebten J & B Weld Metallkleber/spachtel, innen eingesetzt auf das Loch am Kaminende. Der Kleber/Spachtel hat eine Hitzebeständigkeit von ca. 300 Grad Celsius.


    Mit genau dem gleichen Kleber/Spachtel habe ich dann von außen das Loch und das da drunter liegene Gazze zugespachtelt.


    Gott sei Dank war noch die Öse vorhanden durch die der Henkel durch den Kamin läuft. Der Größe der Öse angepasst, bohrte ich ein Loch in das Kaminende.


    Final klebte ich dann in das Loch die Öse wieder ein. Zudem wurde der komplette Bereich dann mit Schleifpapier und einem Dremel mit ensprechenden Aufsätzen, nachbearbeitet:



    Den Henkel wieder durch die beiden Löcher am Kaminende eingeschoben und die Stelle, an dem der Henkel mit der Kneifzange durchgetrennt war, wieder verlötet.


    Die größeren Beulen an den Muffen und an den Luftrohren wurde ebenfalls mit dem Metallkleber/spachtel gefüllt und final geschliffen.


    Die vielen kleinen Löcher in den Luftrohren habe ich wie immer nach meiner Lösung geschlossen. Dafür überpinsele ich das Rohr mit silbernen Hammerschlaglack. Lasse den eine gute Stunde antrocknen, bis er richtig klebrig und pastös ist. Nehme mir dann einen Baumwolllappen. Tunke beim Lappen eine Stelle in Verdünnung oder Aceton und wische dann vorsichtig über die Luftrohre. Richtig angewendet, nehme ich damit dann die komplette vorher aufgetragene Farbe wieder von den Luftrohren. Lediglich in den Löchern bleibt die Farbe "kleben". Eine Nacht trocknen lassen und das ganze noch zwei oder dreimal wiederholen. Dann sind alle Löcher zu:



    Die gerissene Lötstelle zwischen Luftrohr und Tank wurde mit dem Metalkleber/spachtel wieder repariert. Der Spachtel wurde an allen vier Stellen wo die Luftrohre und der Tank aneinander stoßen verspachtelt bzw. geklebt. Sicher ist sicher und sieht auch einheitlicher aus:



    Den undichten Tank habe ich von außen komplett mit Malerband abgeklebt und dann zweimal mit Bootslack ausgeschwenkt. Das dauert recht lange. Nach gut einer Woche ist der Lack trocknen. Alle paar Stunden sollte man die Lampe etwas drehen, so das der Lack überall im Tank die Löcher schließen kann. Da ich das Ganze zweimal gemacht habe, habe ich dafür tatsächlich 2 Wochen gebraucht. Die Löcher waren jedoch so klein, dass ich am Tank nichts löten oder spachteln musste:



    Das Bodensieb hatte einige Stellen die weg gerostet waren. Eine Reperatur hielt ich für nicht möglich. Aber in der Ersatzteilschublade hatte ich tatsächlich ein Bodensieb, welches dem Alten absolut identisch war. Also habe ich das alte Bodensieb entfernt und das neue Bodensieb eingelötet und zusätzlich noch mit Metallkleber/spachtel verstärkt:



    Fortsetzung im nächsten Beitrag!

  • Der fehlende Tankdeckel war kein großes Problem. Es ist die Nr. 2 aus meiner Übersicht der Tankdeckelreproduktionen. Also, selber die Repro gegossen und passend lackiert:



    Die fehlende Führungsöse des Glashebedrahtes wurde durch ein passend gebogenes und gekürztes Drahtstück nachgebildet. Den richtigen Durchmesser hatte tatsächlich der Spanndraht eines Maschendrahtzauns. Da musste ich lediglich die grüne Ummantelung entfernen. Also Vorlage für die Ersatzöse diente die Öse die nur noch wackelig im Luftrohr steckte. Sie ließ sich leicht aus dem Luftrohr entfernen. Beide Ösen wurden dann mit Metallkleber/spachtel wieder in die dafür vorhandenen Löcher der Luftrohe befestigt:



    Die Hülse, in die der Brenner gesteckt wird, war lose. Und zwar dort wo sie eigentlich mit dem Tank verschweißt ist. Daher habe ich sie zuerst komplett raus genommen, dann das Messing poliert und dann die Hülse mit Metallkleber/spachtel wieder in den Tank geklebt:



    Da dass Schutzgitter warum auch immer etwas zu große war, habe ich alle drei Drähte um gut einen halben Zentimeter gekürzt. Das ist echt eine extreme Fummelei. Die Drähte müssen nicht nur gekürzt werden, sondern auch neu gebogen. Sehr zeitintensiv und viel Kraft ist auch notwendig. Bei dem Schutzgitter bin ich mir ehrlich gesagt, etwas unsicher, ob sie im Original auf die Laterne gehörte. Denn wie schon geschrieben, das Gitter war etwas zu groß. Nun denn, jetzt paßt das Ganze. Hier zwei Bilder. Beim ersten Bild ist das Gitter meines Erachtens vom Durchmesser zu groß. Beim zweiten Bild dann auf den richtigen Durchmesser gekürzt:



    Generell schwenke ich die Luftrohre auch von innen mit Owatrol aus. Dabei ist zu beachten, dass jedes Rohr zwei Enden hat. Füllt man das Owatrol an einem Ende ein, sollte im Vorfeld das andere Ende verschlossen werden. Gefüllt werden die Rohre mit Hilfe einer Spritze bei der ein kurzez Stück Plastikschlauch aufgesteckt ist. Das andere Ende stopfe ich bevor das Owatrol eingespritzt wird mit einem Stück Papier einer Küchenrolle zu. Nachdem das Owatrol eingespritzt ist, wird auch das Ende des Rohres wo es befüllt wurde mit etwas Papier einer Küchenrolle verschlossen. Zudem klebe ich die Luftrohre mit Malerklebeband ab. Alle paar Stunden die Lampe in eine andere Position drehen. So verteilt sich das Owatrol gleichmäßig in den Rohren. Nach einer Woche ist das Owatrol trocken:



    Das Messing der Brennerkappe brachte ich unter Verwendung von Autosol Metall Polish wieder zum strahlen.


    Für die Reinigung des Brenners und dessen Messing auf Glanz zu bringen, verwendete ich Kukident Tabs. Dazu verwendete ich einen Gipsbecher, der mit heißem Wasser gefüllt wird. Da 8 Tabs rein. Warten bis sich die Tabs aufgelöst haben und dann den Brenner rein. Nach ein paar Stunden die Prozedur wiederholen. Das habe ich dreimal gemacht und war und bin mit dem Ergebnis extrem zufrieden:



    Final ging es dann ans lackieren. Um das Messing des Bandeisenaufzuges und des Glashaltedrahtes nicht mit zu lackieren, entschloß ich mich den Lack mit einem feinen Pinsel und einem Lappen aufzutragen. Zudem sollte die Lampe nach dem Farbauftrag möglichst so aussehen, als wäre sie nicht lackiert. Ich habe dafür wie immer Ofenlack im Farbton "Gussgrau" verwendet. Der ist bis 600 Grad Celsius hitzebeständig. Doch bevor der Lack von mir aufgetragen wurde, bekam die Lampe eine Basisgrundierung mit wenig Owatrol. Denn habe ich dann mehrere Tage austrocknen lassen. Ja, ich mache das tatsächlich so. Und der Lack der dann da drauf kommt, hält darauf. Dann wurde der Lack mit feinem Pinsel und Lappen aufgetragen. Nach dem der Lack ausgetrocknet ist, ist er extrem matt. Daher erhält der ausgetrocknete Lack als Finish wieder Owatrol ", welches man aber nur hauchzart auftragen sollte. Sonst glänzt mir das zu viel.

  • Moin Sigi,


    das nennt man wohl "aus Sch´´´e Bonbon machen". Echt toll.:respekt:

    Ich hätt die olle Rostfunzel in die Tonne gehauen. Aber ich hab ja auch definitiv keine Ahnung was da noch gehen könnte.


    Gruß, Gerald

    Die wahren Lebenskünstler sind bereits glücklich, wenn sie nicht unglücklich sind. (Jean Anouilh)

  • …der hohe Aufwand hat sich definitiv gelohnt. :stark:

    Danke fürs zeigen...und wieder kann ich paar Tricks abschauen und vielleicht selber mal brauchen :done:.


    Grüße Tino

    Wer zu wenig Fehler macht, hat zu wenig ausprobiert.

    Zu viel Nachdenken ist wie Schaukeln. Man ist zwar beschäftigt, kommt aber kein Stück weiter.

  • :respekt:


    Die viele Arbeit hat sich auf jeden Fall gelohnt :thumbup:

    Danke auch für die Beschreibung der einzelnen Arbeitsschritte, die wieder einige neuen Techniken zum Selbermachen aufzeigen

    Viele Grüße aus

    Sachsen-Anhalt

    Andreas

  • Danach passte ich ein Stückchen Messinggaze der Fehlstelle an und klebte es dann mit meinem so geliebten J & B Weld Metallkleber/spachtel, innen eingesetzt auf das Loch am Kaminende. Der Kleber/Spachtel hat eine Hitzebeständigkeit von ca. 300 Grad Celsius.


    Mit genau dem gleichen Kleber/Spachtel habe ich dann von außen das Loch und das da drunter liegene Gazze zugespachtelt.

    lt dem Hersteller ist das eingefärbtes Epoxy. Musst du das tempern um auf die 300 Grad zu kommen ?

  • Nööö. Nutze das Zeug schon seit ich an Lampen bastele. Hat noch nie Probleme wegen der Hitzebeständigkeit gegeben.


    Und überall steht, dass es bis zu 300 Grad Celsius aushält.


    Beispielsweise hier:


    https://neuteileversand.de/detail/index/sArticle/311174


    Viele Grüße,

    Sigi