Hallo zusammen,
hier stelle ich Euch meine neueste (älteste), restaurierte Lampe vor:
Lampe Veritas, 20''' (50 Candle Power) von Schwintzer & Gräff/Berlin (Petroleum-Tischlampe bzw. als Hängelampe mit Lyra erweiterbar)
Diese schöne, sehr alte, 20-linige (50 c/p) Zentral-Luftzug-Lampe "Lampe Veritas" von Schwintzer & Gräff aus Berlin
mit Schlauchdocht habe ich für einen für mich persönlich sehr fairen Preis bei eBay England gekauft.
Der Zustand ist in Anbetracht auf dieses wirklich alte Exemplar (ca. 150 Jahre +/-) sehr gut erhalten.
Der Brenner, die aufwändige, sehr durchdachte Dochtregulierungsmechanik, das Dochtstellrad, der Tank, alles top soweit.
Lediglich ein paar kleine, nicht weiter störende Dellchen am Tank, ansonsten wirklich alles wie beschrieben.
Auch der Docht ist zum Glück noch richtig schön lang und wird so wohl wirklich eine gefühlte Ewigkeit benutzt werden können.
Hier als erstes alle fertig restaurierten Bauteile des Brenners...
...von oben nach unten:
- Galerie
- abschraubbare, obere Dochtführungshülse
- Brandscheibe (rechts daneben)
- Brennersockel mit Dochtstellrad, Führungsstange für den Dochtschlitten
sowie der Gewindestange für das Heben und Senken des Dochtschlittens
- Dochtschlitten, bestehend aus dem Dochtrohr, über das der Schlauchdocht geschoben
und mittels zweier durch Befestigungsstifte arretierte, klappbare, ineinander einhakbare Spangen gehalten wird
mit der angelöteten Gewindebuchse an einem Winkelblech für den Dochttransport durch die Gewindestange
und einer zusätzlichen Bohrung in diesem Winkelblech für die Aufnahme der Führungsstange
- Anschlag für den Dochtschlitten an unterster Position
(wird unten wieder auf der Führungsstange verlötet und stoppt den Dochtschlitten am unteren Anschlag)
Zur Restauration:
Mir war schon von vorn herein klar, dass diese Lampe durch die etwas komplexere Konstruktion
relativ viel Arbeitsaufwand bedeuten wird aber das ist es mir auf jeden Fall wert gewesen
so ein wirklich tolles Stück historischer Lampengeschichte wieder in den bestmöglichen Zustand zu versetzen.
Da habe ich wirklich keinen Aufwand und keine Arbeitszeit gescheut...
Zu den einzelnen Baugruppen:
Die Galerie des Brenners, habe ich grob vorgereinigt, dann in heisser Zitronensäure eingelegt,
danach unter fliessendem Wasser sauber gebürstet, auf der Heizung trocknen gelassen,
danach mit Stahlwolle kräftig gereinigt und vorpoliert und zum Schluss mit Autosol
auf spiegelnden Glanz gründlich aufpoliert.
Den Brennersockel selber mit dem Dochtstellrad und den Führungsstangen habe ich komplett manuell gereinigt und poliert.
Alle anderen demontierten Teile des Brenners wie die obere, abschraubbare Dochtführungshülse,
den nach Ablöten des Anschlages abschraubbaren Dochtschlitten mit den Haltspangen, den dazugehörenden Stiften,
sowie die Brandscheibe habe ich wieder nach grober Vorreinigung in heisser Zitronensäure gebadet,
danach unter fliessendem Wasser sauber gebürstet, wieder mit Stahlwolle kräftig gereinigt und vorpoliert
und anschliessend ebenfalls mit Autosol auf spiegelnden Glanz gründlich aufpoliert.
Bei der Galerie sowie der Brandscheibe habe ich diesen Prozess mit der Zitronensäure,
der Stahlwolle sowie dem Autosol noch ein zusätzliches mal komplett wiederholt,
da sich da wirklich ein dicker, alter Patina-Belag angesetzt hatte.
Ein wichtiger Tip:
Besonders bei der Brandscheibe muss man beim Reinigen und Polieren aufpassen,
dass man möglichst nicht an die drei verlöteten Stifte und den "Hut" derselben andotzt.
Vielleicht ist beides auch stabiler miteinander verlötet als ich es annehme aber lieber Vorsicht als Nachsicht,
ist ja alles schon wirklich alt und oft sieht man leider erst nach intensivem Reinigen und Polieren,
wie gut die gelöteten Verbindungen überhaupt noch in Schuss sind.
Ist aber alles in gutem, unverbogenen, stabil verlöteten Zustand, da wird sich so schnell nichts lösen, wirklich gut erhalten.
Das Entfernen der Haltestifte der Dochtspangen ist etwas heikel gewesen.
Ich dachte die Stifte wären gerade wie einfache Nägel aber wie sich herausgestellt hat
sind die Stifte in der Mitte, genauer gesagt dort, wo sie die mittlere umgebördelte Messinglasche
der kleinen angelöteten Montageplatte verlassen gebogen gewesen, um nicht herauszufallen.
Bei der Montage im Werk wurden also jeweils die beiden Enden der Dochthaltespangen nachträglich
um die vorher schon gesetzten gleichmässig gebogenen Stifte herumgebördelt.
Das Entfernen dieser Stifte ist also nur mit viel Gefühl und Vorsicht machbar,
wer da Bedenken hat das hinzubekommen sollte die Stifte auf jeden Fall drin lassen
und die Dochthaltespangen, falls diese verbogen sind im montierten Zustand vorsichtig richten.
Nachdem ich die Dochthaltespangen wieder gerichtet und mit den Stiften, die ich vorher begradigt habe montiert hatte,
habe ich die Stiftchen gegen Herausfallen auf der Unterseite jeweils mit einem kleinen, sauberen Lötpunkt befestigt.
Die Beschriftung bzw. das V-förmige Symbol des Dochtstellrades, das ursprünglich weiss ausgelegt war
habe ich mit goldener Revell-Farbe neu ausgelegt, gefällt mir besser als in weiss - Geschmacksache
Der kleine "Kasten" in den die Achse des Dochtstellrades über den Schaft hinein mündet
und in dem dann zwei Zahnräder im rechten Winkel aufeinander treffen, ist links und rechts neben dem Schaft
der Achse des Dochtstellrades mit zwei kleinen Bohrungen versehen.
Diese dienen der Entlüftung des Tanks bzw. der eingeströmten Verbrennungsgase.
Der alte Schlauchdocht hat noch gut Länge, dementsprechend kann es sein,
dass die Lampe gar nicht so intensiv genutzt wurde, ist aber nur eine Vermutung,
es kann ja zum Beispiel auch schon ein zweiter Docht eingezogen worden sein.
Aber der allgemeine Zustand spricht schon irgendwie für einen Erstdocht und eine wenig genutzte Lampe finde ich.
Den Docht habe ich gründlich gereinigt, indem ich ihn mehrfach mit "Bref - gegen Fett und Eingebranntes" eingesprüht habe,
- Danke für den Tip, Rolf! - das Ganze schön einwirken lassen habe und anschliessend in heissem Wasser
ohne Zusatz gründlich zwei, drei mal wieder ausgewaschen habe, bis er wieder einigermassen neutral roch.
An der Vernähung des Dochtsaumes, dort wo der Docht den Ausschnitt für den Dochtschlitten bzw. die Halteplatte der Klemmspangen hat
haben sich dabei einige dicke Fäden teilweise gelockert, das habe ich mit Nadel und Faden wieder per Hand vernäht.
Leider hatte ich nur schwarzen Garn da und ich bin auch kein Nähprofi aber der Docht funktioniert wieder tadellos,
wird sich garantiert an diesen Stellen nicht mehr aufdröseln und im Tank sieht man ihn ja auch nicht.
Würde ich nochmal einen Docht nachnähen müssen würde ich aber beim nächsten Mal weissen Garn nehmen,
so detailverliebt bin ich dann eigentlich doch, wenn ich ehrlich bin
Der Tank hatte starke Patina, da hat das Reinigen und mit Stahlwolle Polieren recht lange gedauert
aber ich habe mir da keinen Zeitdruck gemacht, einfach immer, wenn ich mal wieder etwas Zeit über hatte
eine Viertelstunde kräftig poliert und anschliessend wieder beiseite gestellt.
Bei solchen Projekten heisst es bei mir immer "Der Weg ist das Ziel" und das mit möglichst schonenden Mitteln.
Irgendwann war er dann natürlich fertig
Das mittig durch den Tank führende Luftrohr, über das der Schlauchdocht geführt wird habe ich von innen
und aussen gründlich gereinigt und von aussen zusätzlich auch poliert, sodass der Docht beim Verstellen
sehr geschmeidig über dem Luftrohr auf- und abgleitet, sich beim Verstellen nicht irgendwo
durch einen ungewollten Reibungswiderstand verschiebt und das Petroleum zudem keine Kapillarkraft verliert.
Die Brandscheibe lässt sich jetzt auch wieder kinderleicht entnehmen und wieder einsetzen, so soll es sein.
Wie bei allen meinen Messingtanks habe ich den Tank nach mechanischer Reinigung von innen wieder mit Motodix-1k-Tankversiegelung versiegelt.
Ich habe zwei Schichten im Tank angewendet, da braucht man ja sowieso nicht allzu viel beim Ausschwenken,
ist schon recht ergiebig so eine ganze Dose.
Der benötigte Glaszylinder in der korrekten Bauform für diese Lampe ist ein Matador-Glaszylinder mit flachem Bauch.
Dieser Bauch sitzt im Vergleich zu einem normalen, dickbauchigen Matador-Glas auch ein gutes Stück weiter oben.
Hier ein Vergleichsfoto, links der "normale", öfter zu sehende, dickbauchige, 20-linige Matador-Glaszylinder,
rechts daneben der flachbauchige, 20-linige Matador-Glaszylinder, bei dem der Bauch zudem auch weiter oben sitzt:
Foto kommt morgen, ist gerade schon zu dunkel!
Ein grosses DANKESCHÖN an Markus für den Glaszylinder
Hier alle Restaurations- und Vorher-Nachher-Fotos der Lampe...
...der Brenner:
...die Brandscheibe:
...die Brandscheibe von oben:
...der Brenner ohne Galerie:
...die Oberseite des Brenners ohne Galerie:
...die Dochthebemechanik im Detail:
...die Dochthalterung mit den ineinander einhakbaren Spangen im Detail:
...der Tank:
...die Lampe von oben:
...weiter geht´s im nächsten Post