Hartnäckiger Rost

  • winnie

    Kannst du vielleicht auch noch ausführen, wie man verhindert, dass die von dir empfohlene wässrige Spülilösung auf dem in genau dem Moment noch vollkommen blanken Eisenmetall nicht selbst als initialer Roststarter wirkt ? Der Vorschlag klingt für mich irgendwie nach "Feuer mit Benzin löschen" ...

    Um es mit den Worten meines ehemaligen Chefs zu sagen: "Schwierig, schwierig ... da müssen die klügsten Köpfe ran ... ich kümmere mich am besten selber darum" (Das ist mir wirklich mal passiert! :wallbash:)

  • Kannst du vielleicht auch noch ausführen, wie man verhindert, dass die von dir empfohlene wässrige Spülilösung auf dem in genau dem Moment noch vollkommen blanken Eisenmetall nicht selbst als initialer Roststarter wirkt ?

    Notfalls mit Rostumwandler auf Eisen-Tanninbasis (Fertan u.ä.) einsprühen. Verhindert neuen Rostansatz

    garantiert. Kommt auch in die hinterste Ecke, da ähnlich dünnflüssig wie Wasser.


    Grüße


    Marcus

    Dochtlampenfreak

  • Wenn wir davon ausgehen, dass bei besagten Metallen halbwegs homogene Legierungen gegeben waren/sind, wie soll das denn dann bitte funktionieren, dass die selbe Legierung die da über lange Zeit vor sich hin rostet(e) nach dem entfernen des Rostes plötzlich eine Schutzschicht bildet ?

    Rost hat eine grössere Oberfläche, ist porös und kein stabiler Verbund - da kann Chrom keine Passivierungsschicht mehr aufbauen (gut erklärt hier und hier wie dort sowie auch Wikipedia da).


    Entfernt man nun den Rost (mechanisch oder chemisch) und ätzt zB. mit Zitronensäure nochmal selektiv Eisen weg, dann gewinnt an dieser Stelle Chrom die Überhand und kann wieder die schützende Oxidschicht bilden.


    Nachteil des Ganzen: man hat an der Stelle halt Materialverlust.


    Bernd

  • Was in welcher Menge und welcher Konzentration kann ich zusätzlich dazugeben um den sofortigen Flugrostbefall schon während der folgenden Spülung weitgehend zu unterbinden ?

    Kollege Schmiedinger hat vollkommen Recht: Ohne genaue Kenntnis des Materials ist kommt man hier nicht weiter.


    Wenn das ein Edelstahlblech mit Chrom oder sonstigen "Schutzmetallen" legiert ist, dann reicht (meiner Erfahrung nach) rausschleifen des Rosts und Ätzen mit mit heisser Zitronensäure aus damit sich eine neue Passivierungsschicht bildet - sofern noch genügend Chrom etc. an der Stelle im Material verblieben ist.


    Wenn das schnöder Stahl ist, der ursprünglich durch irgendeinen separat aufgetragenen Schutz (sei es Galvanisierung, Lack oder sonstwas) vor Rostbefall geschützt wurde, dann kannst Du nur noch den pickeligen Zustand konservieren (viel Rost drauflassen und Phosphorsäure oder schleifen und ätzen mit Zitronensäure und dann Lack, 5x brünieren, bei Vollmond Kleeblätter zupfen und regelmässig den Gottesdienst Deiner Wahl besuchen).


    Alternative: herunterschleifen, galvanisieren, wieder herunterschleifen, galvanisieren und zum Schluss ver-zinken/chromen/nickeln um eine glatte Oberfläche zu schaffen.


    Bernd


    PS: Ich würde einfach Phosphorsäure nehmen und hoffen, dass der Rest des Materials irgendwann nachdunkelt. Ich kann Dir eine Flasche mit 80% zuschicken...

  • Okay, in meiner Welt gehts nur um alte Laternen, also Eisenblech/ Weißblech billigster Sorte. Nix mit schicken Drucklampen und glänzender Oberfläche.


    Wenn ich vorhabe, viel Rost drauf zu lassen, dann tunk ich sie in Owatrol und fertig. Mir geht hier um einen Schutzschicht bei der Entrostung.


    Die Phosphorsäure steht bei uns auf Arbeit wenn ich sie brauch, aber danke für das Angebot!

  • Nochwas - und auch gerade gestern wieder gelesen: das Märchen von den "Neutralisationsmitteln" für Z-Säure... - oben wurde AFAIR Amoniaklösung (Samiak) erwähnt.

    Da hast Du mich falsch verstanden bzw. den Link nicht beachtet: da ging um ein gängiges Verfahren zur Passivierung von Stählen.


    Mit Zitronensäure wird zuerst der Flugrost entfernt.


    Durch die spätere Einleitung von Ammoniak werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: zum einen wird die Säure neutralisiert, zum anderen bildet sich Ammoniumcitrat welches mit dem herausgelösten Eisen eine Passivierungsschicht bildet.


    Könnte durchaus sein, dass der TO ein solch behandeltes Blech hat, denn so erzeugte Schichten sind nicht Selbstheilend wie bei Edelstahl.


    Bernd

  • Mir geht hier um einen Schutzschicht bei der Entrostung.

    Dann Phosphorsäure - ob Du nun labilen Rost oder stabiles Eisenphosphat hast ja erstmal von der Optik egal, nur rostet Eisenphosphat nicht bis zum nächsten Wochenende weiter :-)


    Einfach am nächsten WE das Eisenphosphat abschleifen und beim Arbeitsende nochmal mit Phosphorsäure die verbleibenden Reste deaktivieren (mach ich genauso bei Restaurationen) und dann irgendwann alles glätten und zB brünieren oder galvanisieren oder Zinkfarbe drauf ....


    Gruss,

    Bernd

  • ...

    Einfach am nächsten WE das Eisenphosphat abschleifen und beim Arbeitsende nochmal mit Phosphorsäure die verbleibenden Reste deaktivieren (mach ich genauso bei Restaurationen) und dann irgendwann alles glätten und zB brünieren oder galvanisieren oder Zinkfarbe drauf ....

    Na, das wäre natürlich für die Beibehaltung der Originalität alter antiker Lampen ein Alptraum...

    Gruß Rolf


    Den Kopf nicht nur zum Haareschneiden nutzen...

  • Ok, das passt bei mir alles nicht. Bei mir wird weder geschliffen noch abschließend galvanisiert oder brüniert, und Zinkfarbe nur wenns nicht anders geht.


    In den Profibädern sind irgendwelche Sachen drin die diese sofortige Flugrostbildung die innerhalb von Minuten eintritt irgendwie unterbinden, mehr brauch ich für meine Zwecke nicht.

  • In den Profibädern sind irgendwelche Sachen drin die diese sofortige Flugrostbildung die innerhalb von Minuten eintritt irgendwie unterbinden, mehr brauch ich für meine Zwecke nicht.

    "Profibäder" setzen auch professionelles Equipment und entsprechend geschultes Personal voraus sowie entsprechende Fläche um die verschiedenen Arbeitsgänge zu erledigen können.


    Imho suchst Du nach dem "heiligen Gral" der Metallverarbeitung: ein Mittelchen, was jeder ungeschulte Hilfsarbeiter einfach nur aufpinseln muss um damit alle Probleme mit aktuellem Rost, zukünftigem Rost zu erledigen und das gleichzeitig die Oberfläche so passiviert dass es optisch zu unbeschädigten Stellen passt.


    Wenn Du den Calix gefunden hast, verkünde es.


    Bernd

  • Na, das wäre natürlich für die Beibehaltung der Originalität alter antiker Lampen ein Alptraum...

    Natürlich hast Du Recht - aber wenn man nicht weiss, was da für ein Material verarbeitet wurde ist Konservierung die Wahl zwischen Pest und Cholera (man macht immer was flasch).


    Ich habe mal eine Zeit lang archäologische Metallfunde präpariert (also Zeug was 2000-3000 Jahre alt ist). Diese Rostbrocken haben wir früher über Tage in mikrokristallinen Paraffin (ua. auch um das Wasser zu verdrängen) gebadet und bisserl in Form geschliffen (incl. weiterbehandlung mit Phosphorsäure und weiteren Bädern) damit das Publikum es gut findet.


    Geht leider bei einer Lampe nicht weil das Zeug zwischen 80°-100° flüssig wird.


    Aber zurück zum Thema: dem TO ging es eigentlich darum, seine Arbeit vom Wochenende soweit zu Konservieren, dass er am nächsten Wochenende weiterarbeiten kann ohne dass neuer Rost entstanden ist.


    Bernd

  • Natürlich hast Du Recht - aber wenn man nicht weiss, was da für ein Material verarbeitet wurde ist Konservierung die Wahl zwischen Pest und Cholera (man macht immer was flasch).

    ...

    Bei wirklich alten Lampen/Laternen steht bei mir die Wahrung der Originalität im Vordergrund, noch vor der möglichen Konservierung, denn diese Teile erzählen durch ihr im Laufe von etlichen Jahrzehnten "erhaltenes" Äußeres ihre "Geschichte". Da lasse ich lieber mal Rostreste stehen, als durch Entrostungsbäder diesen Teilen ihre Geschichte unwiederbringlich zu zerstören. Behandelt durch Einreiben mit Öl, oder Auftragen von Wachsen überstehen sie in Vitrinen, auf Regalen oder an der Wand bei der normalen Luftfeuchtigkeit und den Temperaturen in Wohnräumen locker die nächsten Generationen.

    Gruß Rolf


    Den Kopf nicht nur zum Haareschneiden nutzen...

  • Bei wirklich alten Lampen/Laternen steht bei mir die Wahrung der Originalität im Vordergrund, noch vor der möglichen Konservierung

    Das ist ein Statement, was ich ohne "Wenn und Aber" vollkommen akzeptieren kann.


    Danke dafür,

    Bernd


    PS: Deine Vorgehensweise funktioniert, wenn die Leuchtgeräte im Regal stehen - Konservierung und Konditionierung für den "Brennbetrieb" ist eine andere, grössere Baustelle für die es zu viele Fragen und kaum Antworten gibt.

  • > Der Vorschlag klingt für mich irgendwie nach "Feuer mit Benzin löschen" ...


    Der Trick dabei ist - wie eben schon erwähnt - die Laterne nach dem Spülibad so schnell wie möglich trocken zu bekommen.

    Kleinere Rostansätze behandelt man dann mechanisch. Letzteres passiert nicht bei jeder Laterne (aber ich hab' auch vorher keine Materialproben entnommen).


    Rolfs "Politik" der Lampenerhaltung unterstütze ich. :done: Allerdings habe ich nicht gern eingeölte Laternen in meinem Regal stehen und die Lampen in meinem Besitz sollen auch alle funktionieren (was sie auch tun und benutzt werden). Ich regle die "Behandlung" nach jedem Einzelfall. Da kann eine einfache FH 276-STK entweder so aussehen:



    ...oder wenn eine schöne Patina vorhanden ist wie im folgenden Beispiel, wird die Laterne nur sauber und funktionsfähig gemacht. Die Laterne unten war technisch vollkommen okay, der Tank war dicht und sie war mehrfach im Gebrauch (auch wenn es etwas krümelte und quietschte)... 8|





    Der neue Besitzer hat sich jedenfalls nicht beschwert.


    Mal 'ne Zusatzfrage: Wie konserviert man so einen "rat-look" eigentlich am unauffälligsten?

    Mir geht es jetzt nicht darum, so einen Fall in Öl zu ertränken, sondern wirklich diesen Zustand dauerhaft originalgetreu zu fixieren?


    Ein Restaurator ist unter euch ganzen Metallwerkern nicht zufällig dabei?


    Gruß,

    Micha.

    >> Es kommt oftmals anders, wenn man denkt. <<

  • Imho suchst Du nach dem "heiligen Gral" der Metallverarbeitung: ein Mittelchen, was jeder ungeschulte Hilfsarbeiter einfach nur aufpinseln muss um damit alle Probleme mit aktuellem Rost, zukünftigem Rost zu erledigen und das gleichzeitig die Oberfläche so passiviert dass es optisch zu unbeschädigten Stellen passt.


    Bernd




    Keine Ahnung ob ich so schwer zu verstehen bin. Ich weiß, bzw sehe es an den Lampen das einige entsprechende Loesungen haben. Die

    Zusatzstoffe in diversen Galvanikbaedern werden zwar gerne blumig aufgebauscht, aber sind kein Militaergeheimnis. Ich suche einen Badzusatz, sowas wie unbeschaedigte Stellen gibts da bei mir nicht.

    Ich will nix aufpinseln was alle Probleme loest, ich such irgend so einen Komplexbildner oder sowas der die Oberflaeche belegt, das ist keine Hexerei. Ist ok wenn du dich da auch nicht auskennst, das ist kein Beinbruch.

  • Nur um das nicht so stehen zu lassen.

    Auch bei meiner Methode funktionieren alle Lampen, nachdem Öl und Wachs eingebrannt bzw. verdampft sind.


    Hier bei der Kerzenlaterne z.B. hätte man denken können: Toll der Kerzenhalter besteht aus Messing was man toll polieren kann.

    Danach hätte er aber nicht mehr zum Gesamtzustand der Laterne gepaßt.

    Und so wie auf dem Bild bleibt die Laterne, mit allen Macken, kleinen Dellen, Resten der weitestgehend entfernten Verrostung, Resten der ehemals schwarzen Lackierung, und kündet von ihren rund 120 Jahren.



    Gruß Rolf


    Den Kopf nicht nur zum Haareschneiden nutzen...

  • Freebyte


    Trotz meiner Vorliebe für's Phosphatieren habe ich gerade einen Fall bei dem die Arbeit mit Zitronensäure sinniger ist. Aber ich möchte es diesmal mit anschließender Passivierung versuchen. Einleiten von Ammoniak mit anschließendem hinzufügen eines Oxidators. O.K. ... klingt gut und einfach. Als Ammoniak nehme ich entweder direkt eine ca. 10%ige Ammoniaklösung oder eben eine 10%ige Salmiakgeistlösung. Die füge ich irgendwann der 10%igen Zitronensäure hinzu, wenn die ihre Arbeit fertig verrichtet hat. Soweit so klar, da oft nachzulesen.


    Aber wie viel davon, nur in etwa, hat man da bei einem billigen Stahlblech oder bei Messing, hinzu zu fügen ? Und wann, in etwa, fügt man dann einen Oxidator hinzu ? Und vor allem, was für einen Oxidator ? In welcher Menge, welche Konzentration, wie lange muss dass dann wirken ? Ist der Oxidator unbedingt nötig, oder macht das Ammoniak, zwar vielleicht weniger effizient, aber trotzdem auch so seine Arbeit ? Tante Guggel liefert da auf meine Fragen genau gar nix ...


    Mir scheint du hast das Knoff-Hoff für diese Prozesse. Vielleicht hast du da ja für mich nur eine grobe Antwort, einfach auf Basis von Erfahrungswerten, ohne gefinkelte Prozessüberwachung mit Potentialmessungen ...

    Um es mit den Worten meines ehemaligen Chefs zu sagen: "Schwierig, schwierig ... da müssen die klügsten Köpfe ran ... ich kümmere mich am besten selber darum" (Das ist mir wirklich mal passiert! :wallbash:)