Vergaserwendel als Lambdasonde
Ich experimentiere und beobachte gerne. Zugleich bemühe ich mich auch zu verstehen, was der Hintergrund einer Beobachtung ist. Die Petromax 829B gibt reichlich Anlass für Beobachtungen, die ich mir zu erklären versuche. Bitte das Folgende nicht als prophetische Weisheit zu verstehen, sondern eben nur als meinen persönlichen Erklärungsversuch. Zu den Beobachtungen allerdings stehe ich, denn sie sind reproduzierbar.
Mir ist aufgefallen, dass beim Betrieb der Lampe die Vergaserwendel (auch die Mischkammer) manchmal an verschiedenen Stellen metallisch glänzt wie Kupfer. Diese Stellen wabern etwas hin und her auf der Wendel, ändern auch ihre Größe. Sie sind umgeben von Farbringen, wie sie typisch sind für Dünnschichtinterferenzen. Dünne Oxidschichten entstehen beim Hartlöten oder Schweißen um die Löt- oder Schweißstelle außen herum, weil das Metall heiß genug wird, um vom Sauerstoff der Umgebung oxidiert zu werden. Die Löter und Schweißer nennen das die Anlauffarben. Heiß genug wird es auch in der Umgebung des Glühstrumpfs durch die Abgase der Flamme. Neusilber besteht zu ca. 2/3 (je nach Legierung) aus Kupfer. So gesehen ist es nicht verwunderlich, dass die Wendel kupferfarben glänzen kann. Aber im kalten Zustand ist die Oberfläche meiner Vergaserwendel vollständig oxidiert und dunkelgraubraun. Wieso wird die Wendel beim Betrieb wieder metallisch blank an manchen Stellen? Wodurch wird die Oxidschicht abgetragen oder zumindest so dünn, dass Anlauffarben auftreten? Es muss eine Reduktion der Oxidschicht stattfinden. Das können nur die Abgase der Flamme bewirken. Würde das Brennstoff-Luftgemisch vollständig verbrennen, könnte sein Abgas nicht reduzieren. Die einzige Möglichkeit, die ich sehe, ist, dass Kohlenmonoxid (CO) als Reduktionsmittel im Abgas vorhanden ist. (Heißes Kohlenmonoxid ist ein starkes Reduktionsmittel, siehe Hochofenprozess.)
Diese These kann erhärtet werden. Mit der Regulierschraube ("Paddel") lässt sich das Verbrennungsluftverhältnis λ (in engen Grenzen) einstellen. Und tatsächlich: Steht das Paddel quer, ist also λ < 1, damit die Verbrennung unvollständig unter Bildung von Kohlenmonoxid (=CO), dann sind die glänzenden Flecken mit den sie umgebenden Farbringen besonders ausgeprägt. Stellt man das Paddel längs zur Strömungsrichtung, dann kann man zusehen, wie die Flecken sofort kleiner werden und verschwinden. Ein längs stehendes Paddel vergrößert den Luftanteil im Mischrohr, wodurch λ > 1. Es entsteht CO in weitaus geringerem Maße und die reduzierende Wirkung des Abgases ist weg. Die Vergaserwendel überzieht sich wieder mit einer so dicken Oxidschicht, dass die Anlauffarben verschwinden und sie überall braunschwarz aussieht.
Für mich persönlich heißt das Ergebnis: Regulierschraube nicht wie bisher auf maximale Helligkeit einstellen, sondern so, dass die metallischen Flecken gerade noch nicht bzw. nicht mehr auftreten. Der Einstellpunkt lässt sich sehr genau finden. Insofern dient mir die Vergaserwendel in gleicher Weise wie eine Lambdasonde.
In meiner Nachbarschaft wohnt ein Kaminkehrermeister, den ich zwar nicht gut kenne, aber wir grüßen einander immerhin freundlich. Vielleicht kann ich mit ihm zusammen einmal CO-Messungen an der Lampe durchführen. Ich würde berichten, falls das zustandekommt.
Gruß von Heinrich