Restauration Schirmreif mit 10-liniger Galerie (190mm-Vestaschirm) - kleines "how to"

  • Hallo zusammen,

    ich habe wirklich günstig einen Schirmreif mit angelöteter, 10-liniger Galerie zusammen

    mit dem dazu passenden 190mm-Vestaschirm in weiss bekommen. (Danke für den Hinweis nochmal an paulwhiteman)


    Vor kurzem habe ich ihn fertig restauriert und ich kann dazu ein paar Tips geben,

    wie man das einigermassen sorglos anstellen kann...


    So habe ich ihn bekommen:



    Es gibt zwei Varianten, wie man vorgehen kann:

    Entweder man lässt die verlöteten Stellen, so wie sie sind oder man lötet alles auseinander.


    Nur bei einem intakten Schirmreif, wo alle Lötstellen fest sind und der Schirmreif noch schön gerade ist,

    kann man sich das auseinander Löten sparen.

    Dafür ist dann das Reinigen des kompletten Schirmreifes mit Galerie etwas umständlich, da immer etwas im Weg ist.

    Muss man dann selber entscheiden, ob man die Arbeit auf sich nimmt oder dann doch lieber anders vorgeht.


    Bei meinem Schirmreif war eine Lötstelle in der Galerie lose, deshalb habe ich mich

    für das komplett auseinander Löten entschieden. Wo eine Lötstelle Probleme macht,

    folgt schnell die zweite und durch eine lose Strebe könnten die anderen beiden auch schon leicht angebogen sein.


    Also alles auseinander löten, das Lötzinn so gut wie möglich entfernen (SEHR wichtig), alles reinigen und polieren

    und danach die drei Streben überprüfen, ob diese auch noch alle exakt gleichmässig gebogen sind

    sowie den Schirmreif-Ring selber, der sollte auf planer Fläche auch so gut wie keine Wölbung haben.

    Um bleistiftgraue oder durch Patina sogar schon schwarz gewordene Lötstellen zu lösen,

    entferne ich die Oxidschicht durch Abschaben mit einer Cuttermesserklinge,

    bis das Glänzende Lötzinn wieder sichtbar wird, erhitze dann die Lötstelle

    unter Zugabe von frischem Lötzinn (flussmittelhaltiges bitte) und klopfe anschliessend das vollständig

    flüssig gewordene Lötzinn auf einer hitzefesten Unterlage ab.

    Zum Glück war alles in Ordnung und ich konnte mich dann quasi gleich nach dem Reinigen an den Zusammenbau machen.

    Aber das Reinigen hat auch schon etwas länger gedauert, da der Schirmreif - wie man oben schon gesehen hat - wirklich kräftig Patina hatte.



    Zusammenbau:


    Um den Schirmreif möglichst gerade zu bekommen, habe ich zuerst zwei Streben am Schirmreif angelötet

    und von der Seite geschaut, dass die Streben gleich hoch liegen und auch keinen Seitendrall haben.

    Das ist aber auch nicht schwer, denn wenn die Streben nicht verbogen sind erledigt sich das fast von alleine,

    denn die Streben haben nur eine Position, in der sie in den kleinen Täschchen am Schirmreif richtig sitzen können.

    Flache Seite der Strebe auflegen und etwas zum Rand hin unter die Tasche schieben.

    Kann man die Strebe loslassen und sie fällt nicht um, hat man die exakte Position gefunden.

    Dazu muss aber das Lötzinn von der Strebe und dem Schirmreif auch wirklich gewissenhaft entfernt worden sein.

    (Ich klopfe das Lötzinn im heissen Zustand meist ab)

    Man kann die Strebe dann aber noch seitlich leicht verschieben und das ist auch gut so,

    denn erst wenn alle Streben perfekt zueinander sitzen, können sie endgültig verlötet werden.

    Das Lötzinn sollte das platte Ende der Streben dann nach oben hin leicht überdecken, damit es einerseits gut hält

    und andererseits den kleinen, runden Wulst der Tasche nicht überdeckt, das sieht von der Seite dann eher bescheiden aus.


    Nachdem die ersten beiden Streben ordentlich verlötet sind (nur am Schirmreif natürlich)

    habe ich die Galerie auf die beiden Streben geschoben und auch die dritte eingesteckt, angehalten und die Position so verändert,

    bis die längliche Unterseite des Bodens der Galerie von der Seite betrachtet mit dem Schirmreif oben fluchtet.

    Das sind drei Positionen, die man so überprüfen prüfen muss, nämlich die Strecken zwischen den drei Streben.

    Wenn alles passt, kann man auch die dritte Strebe am Schirmreif ordentlich anlöten.

    Wenn alle Lötstellen schön glänzen, das Lötzinn alles gleichmässig benetzt und es dann auch einmal komplett flüssig war, dann hält das auch langfristig.

    Auch von oben im Schirmreif, wo der Vestaschirm nachher sitzt, sollte man die Lötstellen

    mit Lötzinn auffüllen und die Lötstelle dann im heissen Zustand möglichst schnell flach abziehen,

    denn da darf kein Lötzinn im Weg sein, da sonst der Vestaschirm im mühevoll ausgerichteten Schirmreif schief sitzt.

    Nur nicht zu lange erhitzen, sonst löst sich natürlich das Lötzinn auf der Gegenseite wieder.


    Nach dem Ausrichten der Galerie an den noch losen Streben habe ich die Streben,

    die von der Innenseite der Galerie aus eingelötet werden bewusst erstmal mit wenig Lötzinn

    etwas zu dünn "drangebraten", damit diese Lötstellen noch leicht korrigierbar sind.

    Dafür hat meine geregelte 40-Watt-Lötstation ausgereicht, für alle anderen Arbeiten habe ich meinen

    ungeregelten 60-Watt-Lötkolben mit eher grosser Meisselspitze verwendet, denn da muss Leistung ankommen,

    damit die Lötstellen auch komplett flüssig werden und alles gut benetzen.

    Ich habe auch angestrebt, dass die Streben möglichst gleich tief nach innen

    in die drei Bohrungen in die Galerie hineinreichen, denn das zentriert die Galerie

    und später auch den Glaszylinder möglichst mittig im Vestaschirm.

    So habe ich dann den Rest noch ganz in Ruhe ausgerichtet und anschliessend dann ordentlich endgültig verlötet.


    Wasserwaage?

    Könnte man auch probieren aber die Auflagefläche ist eher klein und dann wird alles vom Gewicht der Wasserwaage belastet.

    Vielleicht gibt es auch kleine Wasserwaagen aber man sollte sich darüber im Klaren sein,

    dass z.B. ein nicht mit der Wasserwaage beim Aufgipsen ausgerichteter Vasenring oder

    ein anderes Bauteil der Lampe, wie z.B. der Glaszylinder, wenn er unten nicht exakt gerade abgetrennt worden ist,

    ein Mangel irgendwo an der Galerie oder aber an einem der Tanksegmente bei mehrteiligen Tanks ect.

    zu nicht unerheblichem Einfluss des Lampenbildes beitragen kann.

    Da müsste man sich dann dazu entschliessen IMMER alles mit der Wasserwaage zu machen,

    zumindest bei nachträglich aufgegipsten Vasenringen und bei Glastanks mit Sockeln ect.

    Wichtig ist aber auch hauptsächlich, dass bei fertig verlötetem Schirmreif das eingesteckte Glas möglichst mittig

    aus dem eingelegten Vestaschirm herausragt. Damit hat man dann eigentlich schon so gut wie alles bestmöglich erledigt.

    Ich arbeite zwar auch gerne möglichst exakt, aber eine Raketenwissenschaft mache ich daraus trotzdem nicht...


    Man braucht eine ruhige Hand, ein gutes Auge, Lötwerkzeug und Geduld,

    insgesamt ist es aber schon gut machbar, wenn man schon etwas Löterfahrung gesammelt hat...


     


    Generelle Tips:


    - 1mm-Lötzinn (flussmittelhaltig und mit Bleianteil) ist geeignet,

    ich nehme aber lieber etwas feineres - 0,56er.

    Geht beides und ist Gewohnheitssache.


    - Nach jedem Lötvorgang überschüssiges Lötzinn abklopfen und die Lötspitze mit dem Wasserschwamm reinigen,

    denn bei 60 Watt sammeln sich sehr gerne angebrannte Lötzinnreste, bei denen das Flussmittel schon verdampft ist an der Lötspitze.


    - Das Auffrischen einer alten Lötspitze mache ich mit "Tippy Lötspitzenreiniger".


    Hier ist der Link zur Lampe:

    Magnus' Docht-Petroleumlampen



    MfG

    Magnus

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    Grünspan, schwarze Finger, heisses Lötzinn :hail:

    (Früher Pyromane, heute brennt und glüht alles mit Verstand...)

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  • Magnus

    Hat den Titel des Themas von „Restauration Schirmreif mit 10-liniger Galerie (190mm-Vestaschirm)“ zu „Restauration Schirmreif mit 10-liniger Galerie (190mm-Vestaschirm) - kleines "how to"“ geändert.
  • Dankeschön :-)


    Und ja, wenn man ohne Chemie arbeitet dann dauert das eine Weile,

    aber ich habe es da nicht eilig und mache das oft abends beim Fernsehen nebenbei...



    MfG

    Magnus

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  • Moin,


    zum Entfernen von Lötzinn gibt es in der Elektronikwerkstatt „Lötlitze“, die saugt das heiße Zinn gut auf.

    ... ersatzweise tut es auch ein Stück Kupferlitze aus einem alten Elektrokabel ... :naughty:


    Verlötete Grüße


    Christian

    Hier wird das Licht von Hand gemacht...
    ... und der Motor gehört nach hinten!

  • Hallo,

    Entlötlitze habe ich natürlich auch, die verwende ich aber nur für Lötstellen an Teilen,

    die ich aufgrund der Grösse oder des Gewichtes nicht abklopfen kann.

    Für das Entfernen von Lötzinn von Flächen ist Entlötlitze aber unersetzlich.


    Wenn man bei kleinen Lötstellen bei der Entlötlitze nicht alle 5mm die Litze abknipst oder leicht hochbiegt,

    schiebt man sich damit aber gerne auch mal Lötzinn dahin, wo man es nicht haben möchte.


    Beim Schirmreif, den Streben und der Galerie hat das Abklopfen gut funktioniert und es geht auch wesentlich schneller.

    Spart auch Geld, da Entlötlitze nicht ganz billig ist ;-)


    Das Abklopfen geht schon erstaunlich gut, da ist dann wirklich nicht mehr viel Lötzinn dran.


    Aber jeder macht's anders ;-)



    MfG

    Magnus

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  • Schön geworden, gute Arbeit.:respekt:


    Wenn man Lötarbeiten nicht unbedingt im Wohnzimmer :frau: macht, eignet sich Pressluft auch hervorragend, um Lötzinn los zu werden.




    Gruß,


    Fifone

    Elektrisch Licht ist voll doof :zwille:

  • Hallo,

    stimmt, die gibts ja auch noch...


    ...ist schon Urzeiten her, dass ich mal so eine in der Hand hatte,

    mein Vater hatte früher eine und die war schon sehr alt und ging dann irgendwann kaputt.

    Seitdem hatte ich da nie wieder dran gedacht, aber klar, die gibts ja trotzdem noch ;-)



    MfG

    Magnus

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  • Hallo,

    das ist natürlich schon echt overkill diese Station, ganz klar ;-)


    Würde gerne mal jemanden damit arbeiten sehen,

    um zu schauen, ob das auch alles so super funktioniert wie gedacht...

    Aber ich gehe mal stark davon aus.



    MfG

    Magnus

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  • OT:

    Grundsätzlich funktioniert das sehr gut. Der Lötkolben ist toll, weil er sich sehr schnell aufheizt. Aber auch so eine Löt/Entlötstation kann die Physik nicht überwinden: Bei einer Leiterplatte mit 4 Lagen oder mehr ist es mühsam, einen (flächig angebundenen) Elko oder Leistungshalbleiter mit viel Kupferfläche rundum rauszukriegen, speziell PQFN u.ä. Gehäuse.


    Manfred

  • Ich habe letztens an einer Lampe die normale Entlötpumpe mit Teflonspitze ausprobiert, die ich zum Ausbauen von Bauteilen auf Platinen nutze.

    Mein Fazit war dann anschließend, nach dem Einsatz auch von Litze, das die Litze bei größeren Flächen effektiver ist.

    Der Nachteil, mit zunehmender Litzenbreite steigt drastisch der Preis.

    Gruß Rolf


    Den Kopf nicht nur zum Haareschneiden nutzen...

  • Hallo,

    Mandi :

    Ahja, interessant!


    Rolf G. (✝) :

    Genau, bei punktuellem Entfernen saugt die Pumpe den "Löttropfen" gut weg,

    bei Flächen saugt die Litze besser aber kostet mehr, wie ich oben schon erwähnt hatte ;-)



    MfG

    Magnus

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