Tenderflame - was ist das?

  • Seit einiger Zeit werden - vor allem in Baumärkten - Leuchten unter dem Namen "Tenderflame" angeboten, einfache Leuchten mit Freibrenner, irgendwo zwischen Dekoleuchte und Gartenfackel. Dazu wird ein gleichnamiger, teurer "Sicherheitsbrennstoff" angeboten. Der Brennstoff wird in klaren Flaschen ohne die üblichen Sicherheitskennzeichnungen verkauft, also wohl eher nichts aus Erdöl. Der Brennstoff soll einen Flammpunkt von über 100 Grad haben und über einen "Edelstahldocht" verbrannt werden. Ein anständiges Sicherheitsdatenblatt dafür ist nicht zu finden. Kennt das jemand? Was kann das sein?


    Gruß Thomas

  • Moin Thomas!


    Holla, das war schwierig. Die Hersteller halten den Bestandteil anscheinend geheim. Über die verschiedensprachigen Sicherheitsdatenblätter ist nichts zu erfahren. Ich bin dann über einen TÜV-Bericht gestolpert, in dem die Konformität der Verpackung (hier: Plastikflasche) bescheinigt wurde.

    Darin war zu erfahren, daß der enthaltene Brennstoff ein Alkandiol ist. Alles Weitere hat Wikipedia ausgespuckt:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Alkandiole (= zweiwertige Alkohole)

    Die einizige Substanz aus der Stoffgruppe, die genau den angegeben Schmelz-, Siede- und Flammpunkt wie im Sicherheitsdatenblatt hat, ist 1,2-Propandiol.

    https://de.wikipedia.org/wiki/1,2-Propandiol


    Ich war vorher schon nahe dran: ungiftig, klar, hygroskopisch - ich hatte Glyzerin in Verdacht, aber das brennt nicht so ohne Weiteres.

    1,2-Propandiol heißt auch Propylenglykol - nahe dran, wirklich...

    Glycerin heiß chemisch korrekt Propan-1,2,3-triol. (= dreiwertiger Alkohol)

    QED:applaudit:


    Micha.


    Edit:

    Es ist natürlich für den Hersteller besser, den Kunden ihren (verschleierten) Brennstoff unter (s)einem Handelsnamen zu verkaufen.

    Propylenglycol kostet dagegen (in der Bucht) ungefähr nur ein Drittel.

    -M-

    >> Es kommt oftmals anders, wenn man denkt. <<

    3 Mal editiert, zuletzt von winnie ()

  • also wohl eher nichts aus Erdöl.

    Gestern Abend nach der Spätschicht fand ich das auch mit diesen Alkandiol,

    konnte aber nicht genau zuordnen wie Micha, wegen den Spezifikationen.

    Deswegen ließ ich das mit einem Post und hoffte, daß jemand genaueres herausfindet.


    Bei Propandiol denke ich aber, daß das doch ein petrochemisches (Abfall-?) Produkt ist, oder?


    Heftig finde ich die Preise dafür ... bei manchen Versandbuden kostet das knapp 30,--/Liter,

    anderswo im Baumärkten sind sie mit 8 Euro zufrieden - geht's noch???

    Von den Preisen für die "Gerätschaften" ganz zu schweigen.


    Edit:

    Aufgrund der hygroskopischen Eigenschaften der Alkandiole wundert mich nicht,

    daß ein User von diesem Tenderfuel in seine Bewertung zu dem Zeugs schrieb, daß er seinen Tischgrill (or whatever)

    nicht mehr anbekam, als er ihn ein paar Tage später wieder mal anfeuern wollte.

    Die sich daran befindlichen Reste ließen sich nicht anzünden.

    Erst als er frisches Tenderfuel dazu kippte, gings wieder so leidlich, aber leider nicht mehr so gut wie vorher

    und auch nicht mehr so lange ... kein Wunder, Wasser brennt halt schlecht.

    :)

    Gruss aus dem "Bayerischen Nizza"
    Rüdiger II.
    ___________________________________________________________________________________________
    So ist das halt mit dem Licht: Mal brennt es und mal brennt es nicht ...
    ALLE haben immer gesagt: DAS GEHT NICHT.
    Dann kam EINER, der wußte nix davon und HAT'S einfach GEMACHT.

    | In der Theorie gibt es keinen Unterschied zwischen Theorie und Praxis, in der Praxis schon. |

    Einmal editiert, zuletzt von ABurger ()

  • Tja, schade dass das Nebelfluid (Propylenglykol-Gemisch) aus der Veranstaltungstechnik-Branche (welches ich als Kanisterware zu Hause habe) mit ca. 40-60% Anteil an dest. Wasser im Handel ist.

    Dass das Zeug stark hygroskopisch ist, macht es zum Verbrennen natürlich problematisch, wobei...Ethanol, Benzin und Petroleum sind auch hygroskopisch! Wasser im Sprit braucht kein Mensch... Immerhin vermischen sich Benzin und Petroleum nicht mit Wasser (Alkohol und Propylenglykol allerdings schon).

    Mancher will von der Lampe den Rost abputzen, scheuert aber nur das Metall weg und der Rost bleibt sitzen.
    Zitat: Quelle unbekannt

  • Moin zusammen!


    > Bei Propandiol denke ich aber, daß das doch ein petrochemisches (Abfall-?) Produkt ist, oder?


    Natürlich. Im Grunde wird es aus Propen hergestellt, einem Gas, das bei der Erdölraffination anfällt.

    Ein Alkohol ist aber etwas anderes als ein sonstiger Kohlenwasserstoff wie Benzin oder Paraffin.


    Propenglycol wird ja vielseitig eingesetzt, u.a. auch als "Nebelträger" für E-Zigaretten. Aus dem Bereich kommen übrigens auch die Edelstahl-Dochte, nach deren "Patent" (wie bei Tenderflame auf der HP zu lesen war) ich letzte Nacht gesucht hatte. Es gibt ein dt. Patent auf solche Dochte für E-Zigaretten. Tenderflame hat das Prinzip wohl für seine Tischfeuer modifiziert.


    Dieser Brennstoff ist rein in 10-Liter-Gebinden für unter 3 EUR/Liter in der Bucht zu bekommen.
    (Propylenglykol 99,9% in Pharmaqualität 1,2 Propandiol DAB CAS No: 57-55-6)


    Micha.

    >> Es kommt oftmals anders, wenn man denkt. <<

  • Die bekannten Tischfeuer und "Zimmerkamine", die mit Ethanol betrieben werden, bergen erhebliche Brandgefahren. Da ist es sicher nicht verwerflich, eine ungefährlichere Alternative anzubieten. Es ist m. E. aber merkwürdig, die Natur des Brennstoffes als Geheimnis zu behandeln. Der durchschnittliche Verwender eines solchen Gerätes wird sich wohl kaum der Mühe unterziehen, den Stoff alternativ und billiger im Chemikalienhandel zu beziehen. Man kauft eben einen solchen Brenner und eine Flasche von dem geheimnisvollen Brennstoff, die im Regal daneben steht. Man stelle sich vor, auf der Flasche stünde ganz klein "1,2-Propandiol". Solche Geräte enden ohnehin meistens im Abstellzimmer. Die hier gebotene - interessante - Aufklärung hat wohl nicht das Zeug zum "Geheimtipp" nach Art des Grillanzünders, der schon manchem Lampenbesitzer zu billigerem Brennstoff verholfen hat. Aber vielleicht zielt das Angebot mehr auf gewerbliche Verwender (Gastronomie) ab, die doch versucht sein könnten, sich ihren Brennstoff billiger zu besorgen und der Verkauf in Baumärkten ist nur der Versuch, das Produkt bekannter zu machen.


    Gruß Thomas

  • > und der Verkauf in Baumärkten ist nur der Versuch, das Produkt bekannter zu machen.


    ...oder um es freundlich zu umschreiben:

    ...und der Versuch Wein aus Wasser - und den großen Reibach mit der Geheimnsituerei um den Brennstoff zu machen.


    Aber die Sache ist ja nun geklärt.

    Micha.

    >> Es kommt oftmals anders, wenn man denkt. <<

  • Das passt schon.

    Edle Leuchten, Wohnzimmerkamine ohne Rauchabzug und Tischfeuer nur fürs Ambiente. Gedacht für Leute die schon alles haben.

    Wir sind wohl einfach nicht die Zielgruppe. Das passt für Leute, die modern wohnen. Zu sehen in diesen modernen Architekturzeitschriften, wo alles einrichtungsmässig an ein Dentallabor erinnert. Zulässig als Materialien sind Keramik, Glas und Edelstahl.

    Wenn man chemisch identischen, aber zu billigen Brennstoff verwendet, kann das das Gefühl beeinträchtigen, etwas besonderes zu haben.


    Der Brennstoff hat ja Vorteile: mit Wasser verdünnbar, also einfach zu reinigen, wenn mal gekleckert wurde, ungiftig (als Lebensmittelzusatz zugelassen), Flamme neigt offenbar nicht zum Russen, Leuchtwirkung besser als bei Ethanol.

    Aus der Produktebeschreibung:

    "Abgase von Tenderfuel (Sicherheitsbrennstoff) sind gesünder als die einer herkömmlichen Wachskerze (es verdampft fast ausschließlich Wasser!)"


    Ich würde mir, dieses Prinzip konsequent weiter gedacht, allerdings keinen Wohnzimmerkamin oder so aufstellen, sondern gleich einen Flachbildschirm nehmen. Da kann ich dann je nach Stimmung auch auf Aquarium, Tropenstrand oder Berglandschaft umstellen, wenn ich keine Lust auf Kaminfeuer mehr habe.