Unbekannte Bergmannslampe

  • Ein Hallo an alle Untertage - Spezialisten!


    Heut am Vormittag habe ich auf dem Flohmarkt folgende Entdeckung machen können, bin dann nicht an ihr vorbeigekommen. Der Preis war ein Schein mit dem Pont-du-Gard hintendrauf und das große Geldstück mit der 2. Ich fragte den Verkäufer (einen einheimischen gemütlichen Opa-Typen im karierten Hemd mit alten Bohrern, Äxten und Hufeisen im Angebot wie vom Bauernhof) ob er evtl irgend etwas zur Herkunft sagen kann. Er antwortete dass er die Lampe mal vor zig Jahren von jemandem aus dem Schwarzwald bekommen habe. Somit endet die Herkunftsrecherche ziemlich vage, obwohl auch nachvollziehbar da der Schwarzwald ja eine Bergbauregion war.


    Dochtlampen und speziell diese Grubenlampen waren bisher gar nie so mein Thema. Habe hier zwar 16 (nein - ab heute ja 17!) Dochtlampen Querbeet, aber meistens leuchtet doch wieder die Mewa auf der Terrasse. Befürchte allerdings dies kann sich gelegentlich ändern...


    Ich habe das Forum in Richtung Bergbau/Wetterlampen/Grubenlampen durchsucht, jedoch war genau dieser Typ (noch) nicht zu finden. Darum hänge ich für Euch mal ein paar Bildchen an. Faszinierend ist in jedem Fall der Aufbau, besonders das Zündmodul welches schon eine kleine interessante technische Einheit für sich darstellt. Dann dieses wirklich dicke Glas, die eingeschlagenen Zahlen und irgendwie das Geheimnisvolle wenn man an den ehemaligen Einsatzort dieses Geleuchts denkt. Auch die seltsam anmutende Sprache in diesem Bereich ist faszinierend - ich wusste z.B. nicht dass eine Grubenlampe "gefahren" wird. Leider ist nirgends ein Hinweis auf einen Hersteller zu finden und für mich darum eine Einordnung schwierig. Aber wissen mag ich nun schon was da vor mir steht, vielleicht hat ja jemand von Euch eine baugleiche im Regal stehen oder einen hilfreichen Link. Was ich heute in Verbindung mit der Websuche herausfinden konnte war folgendes:


    - vermutliches Modell ist eine Friedmann & Wolf 300

    - Betrieb mit Benzin

    - gebaut um 1910 (?)

    - Der Magnetverschluss wurde offensichtlich einmal unsachgemäß geöffnet, die kleine Nische im Aussengewinde ist leer, evtl noch ein paar Fragmente hängen drin.

    - bei manchen Grubenlampen sind Dichtungen oben und unten am Glas zu sehen - diese fehlen hier


    Meine Fragen an Euch wären:


    - Kann jemand etwas zu Hersteller/Herkunft/Zeitraum der Herstellung sagen?

    - Muss ich beim Restaurieren auf irgend etwas besonders achten? Habe schon so einige Lampen "gebommelt", aber man weiss ja nie, und diese Art hier ist absolutes Neuland für mich. Besonders das Zündmodul wirkt auf mich filigran/genau justierbar.

    - Kann man die Zündeinheit auch mit den normalen Zippo-Feuersteinen vom Zeitungskiosk betreiben?

    - Gibts Hinweise zum Betrieb? Sind die Dichtungen am Glas dafür wirklich nötig oder nur für den EX-Betrieb erforderlich? Wie wird sie überhaupt gelöscht?

    - Wo ist die Lampe denn HK-mäßig einzuordnen?


    Werde nun wohl noch ein paar Minuten weiterlesen über das Bergmannsgeleucht. Euch wünsche ich währenddessen einen schönen Sonntag!


    Steffen

    Ach was muss man oft von bösen
    Lampen hören oder lesen!
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    für den Freund der Petromax.

  • Moin!


    Ich selber habe (erst...) eine dieser Grubenlampen. Habe sie mal geschenkt bekommen. Mein Wissen darüber ist also bei fast 0 . Aber da kann ich Dir helfen:

    ....Wie wird sie überhaupt gelöscht?


    Zum Löschen der Lampe die Flamme klein drehen und dann einfach "fallen" lassen und ruckartig abstoppen. Nein, nicht auf den Boden aufschlagen lassen! ;) Einfach eine schnelle Bewegung nach unten und zügig abstoppen. Oder mit der flachen Hand von unten gegen den Tankboden schlagen. Das funktioniert zumindest bei meiner Lampe mit Runddocht sehr gut.



    Gruß


    T:)m

  • Guten Morgen!


    Gestern bin ich nicht zum Schreiben/Lesen gekommen und habe mich heute umso mehr über die mir hilfreichen Antworten gefreut. Vielen Dank! Diese Woche werde ich mich der Lampe einmal zuwenden und bin gespannt was mich erwartet, Neuland ist immer gut.


    Am Sa Abend bin ich noch in einigen Dingen etwas schlauer geworden. Habe wirklich viele Bilder verglichen und nach Ähnlichkeiten gesucht. Die Aussage von Dir Erich mit dem weggelassenen Hersteller kann passen, das habe ich ebenfalls mehrfach in Artikeln gelesen. Der Flachdocht und auch die eingeschlagene Seriennummer an dieser Stelle ist ein Merkmal das die Auswahl schon sehr einschränkt. Von der Trefferanzahl ausgehend dass es eine Friemann&Wolf 300/400 (hier ist auch der Flachdocht zu finden) oder eine Variation davon sein kann bin ich auf den interessanten Seiten vom Karl Heupel gelandet. Er listet sogar anhand von den Seriennummern einzelne Baujahre auf. Demnach kann diese Lampe in den Jahren 1914 - 37 produziert worden sein. Das Metallgitter ist kein Messing, der Tank auch aus Eisen, vernickelt. Könnte jedenfalls zur Rohstoffknappheit an Buntmetallen in dieser Zeit passen.


    Weiter bin ich noch nicht gekommen, ich halte Euch Interessierten auf dem Laufenden, auch wenn das Thema etwas am allgemeinen Foreninhalt vorbeigeht.


    Viele Grüße


    Steffen

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  • Gestern kamen mehrere Dinge bei uns zusammen. Der Feiertag kombiniert mit schlechtem Wetter ergab die Gelegenheit zum schrauben. Ich bin begeistert von dieser kleinen Lampe! Weiter zerlegen liess sie sich sehr unproblematisch, z.B. ist der Zünder ja nur so eingeclipst. Die Füllschraube war leicht zu lösen und so konnte ich feststellen: Wattefüllung - also eine Benzinlampe wie von Erich vermutet. Danke für den Tip mit dem Dochtverstellmechanismus, habe vorsichtig versucht das ganze etwas zu lösen und den kleinen Messingrahmen in dem der Docht eingezogen ist heil herausbefördern können. Leider war der Docht nicht mehr zu gebrauchen, etwa 1cm unterhalb löste er sich in Wohlgefallen auf. Das hieß Watte zur Hälfte raus und nach Setzen des Dochtes wieder sorgsam einstopfen. Habe vorerst einen normalen Docht passender Breite eingezogen, dann noch eine Perle Kupferpaste auf das Gewinde der Verstellung aufgebracht - läuft. Die Höhe der Verstellung ist etwa 1 - 1,5 cm. Ich frage mich nur ob evtl ein Glasfaserdocht an dieser Stelle besser wäre? Wie sieht es denn mit der Haltbarkeit normaler Dochte bei Benzin aus?


    Das eigentliche Highlight war für mich allerdings das Zerlegen und bewundern des Aufbaus des Zündmodules. Ein richtiges kleines technisches Schmankerl! Doch seht selbst:

    Oben sieht man links die Reibradstange mit Reibrad welche in das rechts danebenliegende Stangenteil eingeschoben ist. Beide laufen dann quer im darunterlegenden Gehäuse und werden mit dem kleinen Winkelchen mit Schraube (ganz oben) gesichert. Links unten sieht man den Feuerstein mit Feder und Schraube, daneben eine Raste mit Feder welche die Drehung der Reibradstange nur in eine Richtung zulässt. Sie greift in die bananenförmigen Vertiefungen der oben querliegenden Stange. Die rechte Schraube unterhalb des Gehäuses greift in die Bogennut in der obenliegenden Stange und führt diese langsam beim Drehen zurück. Ist weit genug gedreht wird das Reibrad (oben links) welches von der kleinen danebenliegenden Blattfeder aufgezogen/gespannt wird freigegeben - es schlägt nun einen Funken. Hier ist das Teil im noch ungereinigten Zustand. Ich habe alles gesäubert, leicht geölt - es läuft und schnappt wieder wie neu! Nur die Funkenentwicklung mit dem alten Rest vom Stein ist noch etwas kläglich, trotz Reinigung des Reibrades (natürlich nicht geölt). Die fehlende Halteöse am rechten Ende der Reibradstange habe ich durch eine Büroklammer provisorisch ersetzt, es geht, aber da muss ich mir nochwas einfallen lassen.


    Den Lampenkörper habe ich mit feiner Stahlwolle von Flugrost und Unebenheiten befreit und dann mit Würth Haftschmieröl eingerieben, danach etwas poliert. Chemisch wollte ich nichts machen um die alte Patina zu erhalten. Lediglich die beiden Drahtgitter standen zwei drei Stunden in Zitronensäure. Man darf der Lampe ruhig etwas ihrer Geschichte ansehen, und mir gefällt sie so.


    Betankt habe ich sie dann mit 50ml Aspen und nach etwas Wartezeit mit dem Feuerzeug gezündet (Ihr erinnert Euch - sie funkt eben noch nicht so richtig).

    Belohnt wurde ich mit einem unspektakulär lautlosen Leuchten dieser kleinen alten Bergmannslaterne. Und sie durfte sogar von der Liebsten ein Lob kassieren "...die sieht ja wirklich schnuckelig aus." Naja, neben einer 500er wirkt eben vieles niedlich. Jedenfalls wird sie wohl jetzt desöfteren mal leuchten, auch indoor denn sie müffelt kein bißchen. Und Ex-geschützt ist sie ja auch noch, obwohl dies in der heutigen Zeit der Vorschriften und Normen sicher ein trefflicher Diskussionsgrund wäre.





    Mein letzter Gedanke in dieser Richtung geht für heute an die Bergleute welche damals im matten Schein solch einer Lampe ihr Tagwerk vollbrachten und dafür noch gehörig zur Kasse gebeten wurden wie wir aus Erichs Ausführungen gelernt haben. Hut ab davor und Glück auf!


    Steffen


    PS: Tom - das mit dem Ausmachen funktioniert ja tatsächlich!!

    Ach was muss man oft von bösen
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    für den Freund der Petromax.

  • Die fehlende Halteöse am rechten Ende der Reibradstange habe ich durch eine Büroklammer provisorisch ersetzt, es geht, aber da muss ich mir nochwas einfallen lassen.

    vielleicht hilft‘s, der Klappbügel wurde aus 2,5mm Federstahldraht gewickelt

    Sammlergrüße Chris


    :) natürlich kann jeder, so wie er es mag, die Funken sprühen lassen…