Die kleine Schwester der Armee Faltlaterne

  • Diese zivile Laterne habe ich vor fast 40 Jahren in einem Geschäft für Bergsteigerausrüstung gekauft. Ich habe sie einige Male auf Fahrradreisen benutzt. Jetzt ist sie nur noch Sammlungsstück, an dem einige Erinnerungen haften. Gegen die LED Taschenlampen hat sowas keine Chance mehr. Das gelbe Etui mit Klettverschluss für Laterne, Kerzenvorrat, Aufhängehaken und 1 Zündholzbriefchen war Eigenbau. Die Laterne war damals sehr teuer, obwohl sie nur aus Weissblech ist, nicht aus rostfreiem Stahl wie die Armeelaterne, die ich zum Grössenvergleich auf Bild 1 zeige.


    An die Schwierigkeit, in den Tropen im Fahrradgepäck die Kerzen einigermassen gerade zu behalten oder wieder gerade zu formen erinnere ich mich noch gut. Aber auch bei kühler Witterung in den Alpen gab es Probleme. Die Haltefeder würgte die Kerze innert einer halben Stunde glatt entzwei. Abhilfe schafften Röhrchen aus Bierdosenblech, zwei Lagen dick, mit Araldit verklebt und mit Klebband umwickelt. (Bild 3 + 4) Diese lassen sich gut festklemmen und die Kerze kann darin nach oben nachgeschoben werden, so dass sie immer in mittlerer Höhe brennt.


    Die Laterne hat kein Türchen. Die Kerze wird brennend von unten eingeschoben und festgeklemmt. Der Hohlspiegel auf der Rückwand kann in der Höhe verschoben werden. (Bild 5) Die Laterne wird vorzugsweise hängend verwendet.


    Als Kerzen waren teure Christbaumkerzen mit Durchmesser 12 oder 16 mm geeignet, die einen höheren Stearingehalt haben und deshalb nicht so leicht tropfen. Brenndauer der dickeren ist gut 2 Stunden.


    Ein Laternchen, das klein und mir doch sehr nützlich war in einigen schwierigen Situationen. Darum halte ich es in Ehren.


    Gruss: Teekoch


    Nachtrag:
    Eine solche Laterne wurde damals ganz ohne Gebrauchsanweisung (Kerzen nicht essen! Nicht auf Laterne sitzen! Feuer ist heiss! Laterne auch!) oder Warnungen (Am Schluss fällt der brennende Kerzenstummel heraus!) verkauft.


    Ja das waren noch Zeiten.

  • Wie schön -


    die Lampe, aber auch die Geschichte. Solche Geschichten (auch die Erinnerungen an die Reisen gehören ja dazu) machen die Laterne erst recht wertvoll!!!


    :applaudit:


    Christian


    p.s.: An die Preise der 16mm Kerzen kann ich mich noch gut erinnern, wir brauchen sie für unsere erzgebirgischen Pyramiden. Die sind heute deutlich günstiger...

    Hier wird das Licht von Hand gemacht...
    ... und der Motor gehört nach hinten!

  • Hallo Teekoch,


    die Vorgängerin der gängigen Faltlaterne hatte auch so eine unten offene Drahtkerzenhalterung und auch oft einen Reflektor.


    Die wurden wohl mal ausgemustert und gegen das "Sicherheits" Model mit der Wachswanne ausgetauscht.


    Dazu ein Zitat von Keusen (jaja- ich weiß: der Eine schreibt es vom Anderen ab...)


    "(...)Das ist eine sog. "Brandlaterne"
    wegen dem Loch in der Mitte
    Wenn die nicht auf einem Teller
    gestanden hat, und die Kerze war
    runter gebrannt, dann hats schnell
    mal einen Brand gegeben.


    Sowas ist eben gefährlich und war
    deshalb für die Armee und deren
    Außeneinsätzen nicht brauchbar (...)"


    Ab und zu schwimmt von denen ja auch mal eine in der Bucht rum.


    Zu deiner guten alten Reiselaterne habe ich noch eine Frage:
    die ist ja nun niedriger als die CH Faltlaterne. Ist die dadurch weniger wählerisch was die verwendeten Kerzen angeht, so nach dem Motto: niedrigere Bauweise, weniger Zug, kein Flackern auch mit "normalen" Kerzen?


    Grüße

  • Hallo Udo Austermann


    Ich habe mit der Laterne dieses Jahr ein paar Tests gemacht. Als erstes versuchte ich Stearinkerzen Durchmesser 23 mm vom nordischen Möbelhaus zu verwenden, natürlich entsprechend gekürzt und in einem eigens dafür gebastelten Halterbecher. Bei mehreren Versuchen war das Resultat immer das gleiche und es hat mich auch sehr überrascht:


    Auf der der Rückwand zugewandten Seite der Kerze bildete sich eine Rinne in der Kerze, durch die das flüssige Stearin einfach wegfloss. Der Hohlspiegel ist zwar nur wenig wirksam, war das Licht anbelangt, da er aus einfachem Weissblech besteht, das nach kurzer Zeit seinen Glanz verliert. Er reflektiert und konzentriert aber die Wärmestrahlung der Kerze sehr wirksam, was diese hinten auf schmaler Breite zum Schmelzen bringt!


    Ich glaube, dass 16mm Kerzendurchmesser das Maximum ist für diese Laterne. Je kleiner eine Laterne, umso grösser wird auch der Hitzestau im Gehäuse. Paraffinkerzen, wie sie heute meist nur noch verkauft werden, sind kaum brauchbar, weil sie zu schnell schmelzen und tropfen. Teelichter oder ähnliche haben den Nachteil, dass der Becher das Licht nach unten abdeckt. Licht nach unten liefern nur Kerzen, die schmal und hoch sind.


    Stearinkerzen sind in der Schweiz kaum noch zu finden, ausser vielleicht unter den teuersten Christbaumkerzen. Deshalb habe ich mir von den Möbelhauskerzen gleich einen Vorrat angelegt.


    Ja, es gab eine fast genau gleiche, aber grössere Armeelaterne (Bilder irgendwo im Forum vorhanden) und ich kann mir gut vorstellen, dass die Armee diese aus Sicherheitsgründen abgelöst hat durch Laternen mit geschlossenem Boden.


    Natürlich ist es seit der Elektrifizierung so, dass die Leute das Wissen um den sicheren Umgang mit Feuer mehr und mehr verloren haben. Bestenfalls können sie noch einen Holzkohlengrill anzünden, aber selbst dabei gibt es jährlich Schwerverletzte (Brennspiritus in die Hitze geleert ist die Hauptursache).


    Früher wusste auch der Dorfdepp, dass es oberhalb der Lampe heiss wird und unterhalb von Kerzen nur feuerfestes Material sein darf. Wenn man bedenkt, dass bis vor 150 Jahren in jeder Kleinstadt jeden Abend Tausende (nämlich Alle, und nicht wenige davon im Vollrausch) mit einer Kerze, einem Talglicht, einem Kienspan oder noch primitiveren Lichtern zu Bett gingen, oder in den Stall oder aufs Plumpsklo, so wundert man sich, dass die Städte oder Höfe nicht ständig in Flammen standen. Einer mittelalterlichen Stadt, eng, aus Holz gebaut, bevölkert mit Leuten aus der Jetztzeit, würde ich eine Überlebenszeit von bestenfalls drei Monaten einräumen. Unzählige mittelalterliche Stadtkerne standen aber bis zu den Bombennächten des 2. Weltkriegs. Fortschritt geht leider auch umgekehrt.


    Gruss: Teekoch

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  • Teelichter oder ähnliche haben den Nachteil, dass der Becher das Licht nach unten abdeckt.


    Es gibt Teelichter mit Glasbecher, mit denen habe ich gute Erfahrungen gemacht, wenn die leergebrannt sind kann man einfach die Kerzen von normalen Teelichtern hineintun (sind etwas günstiger). Wenn das Wachs im Glasbecher geschmolzen ist ist die Lichtabgabe wunderschön gleichmäßig, natürlich ist dann die Beweglichkeit eingeschränkt.
    Gruß Tobias