Medizinische Spirituslampe

  • Wieder ein seltenes Teil für die Vitrine.
    Eine Spirituslampe in einer gedrechselten Holzdose die von einem Arzt bei Hausbesuchen genutzt wurde um chirurgische Instrumente kurz vor dem Gebrauch zu desinfizieren.
    Form und Ausführung lassen auf das letzte Viertel des 19. Jahrhunderts schließen.





    Von der Technik her gehört sie zu den Vergasungslampen.
    Der Docht endet ca. 8 mm unterhalb der Hülsenoberkante.
    Zum Gebrauch wird mittels einiger Tropfen Spiritus der Brenner erhitzt und die drei Drähte an der Hülsenkante zum Glühen gebracht. Dadurch wird das Gas - Luftgemisch in der Dochthülse gezündet, was dann die Drähte weiter glühen läßt.



    Gruß Rolf


    Den Kopf nicht nur zum Haareschneiden nutzen...

  • Nachdem die Lampe 10 Minuten gebrannt hatte bildete sich auf den Drähten eine wachsende Schicht, woraus sich die Frage ergibt was sich da wohl niederschlägt, nachdem die Drähte ja ständig von der Flamme eingehüllt werden.
    Von der Farbe her scheint da auch Schwefel mit im Spiel zu sein.




    Gruß Rolf


    Den Kopf nicht nur zum Haareschneiden nutzen...

  • Hallo Rolf,
    "normale" Lampen zu sammeln, ist Dir wohl zu langweilig. :D
    Da hast Du ja wieder ein kurioses Exemplar aufgetrieben.

    Von der Technik her gehört sie zu den Vergasungslampen.

    Also wenn ich das richtig verstehe, eine Tito Landi im XXS-Format.
    Nur halt logischerweise ohne Socken. Leuchten ist bei dem Gerät
    ja wohl auch zweitrangig, die Hitze ist entscheidend.
    Interessant.


    Grüße


    Marcus

    Dochtlampenfreak

  • Als Angehöriger eines „Heilhilfsberufes“ und gelegentlicher Sammler alten medizinischen Gerätes betrachte ich Deine Bilder voll Freude und Anerkennung!
    :wiegeil::applaudit:


    Ich muß allerdings eingestehen, daß diese Anerkennung von ein klein wenig Neid begleitet wird... :whistling:


    Auch die Spritze ist einen zweiten Blick wert, diese Mechanik an dem Nadelkonus hab ich noch nie zuvor gesehen!


    Wirklich schöne Stücke!


    Christian

    Hier wird das Licht von Hand gemacht...
    ... und der Motor gehört nach hinten!

  • Hallo Rolf, unfassbar was du da immer ausgräbst. Klasse. Ich sehe das wie Erich mit den Ablagerungen. Das müsste das Vergällungsmittel sein. Je nach Spiritusmarke ist das sehr unterschiedlich wieviel da drin ist. Der Arzt hat früher wahrscheinlich einfach etwas von seinem medizinischen Alkohol genommen und das Problem gar nicht gehabt.
    CU Bernd

  • zwei ergänzende Anmerkungen für Interessierte :
    Diese Glaskolbenspritze hat einen sogenannten Rekortkonus zur Aufnahme der Nadel. Heutige Spritzen haben einen Luerkonus und entspricht dem internationalem Standard.Spritzen und Kanülen wurden steril auf Hausbesuch mitgenommen,wobei die Nadeln in "Kanületten" extra transportiert wurden.Sie wurden nicht vor Ort sterilisiert.
    Der beschriebene Brenner wurde bei Massenimpfungen , z.B. der Pockenimpfung, verwendet.Mit einer Impflanzette wurde dabei die Haut angeritzt und das Serum so in den Körper gebracht .Anschließend wurde die Lanzette über dem Brenner ausgeglüht, und nach dem abkühlen wieder mit Serum benetzt um erneut verwendet zu werden.
    Dieses Verfahren hat Millionen von Menschen das Leben gerettet.
    LG

    :besserwisser: Petromax ist großer Mist,wenn mann selbst ein Trottel ist :megaphon:
    Mit Grüßen aus Stadtoldendorf von
    Roland Schmidts :user:

  • Hallo Rolf,
    "normale" Lampen zu sammeln, ist Dir wohl zu langweilig. :D
    ...

    Grins, ja, das trifft den Nagel so ziemlich auf den Kopf.




    Hallo Rolf,
    ohne exakte chemische Analyse können wohl nur Vermutungen ausgesprochen werden.
    Allerdings besitze ich einen Spirituslaborbrenner welcher eine relativ hohe Hitzeentwicklung hat. Sowohl an Reagenz- wie auch Bechergläsern ist mir aufgefallen, dass sich da mit handelsüblichem Spiritus eine weisse Niederschlagsschicht bildet, welche ich bei Verwendung von reinem Alkohol aus der Feuerwasserherstellung (natürlich käuflich) nicht habe.
    ...

    Hallo Erich,


    Meine Wissbegier hält sich da in Grenzen wenn man weiß was eine chemische Analyse im Labor kostet.


    Ich bin beim Spiritus zur gleichen Überlegung gelangt, zumal man damals im 19. Jahrhundert wohl eher medizinischen Alkohol verwendet hat.
    Ich habe mir mittlerweile aus der Apotheke gegenüber Alkohol besorgt, und die Drähte bleiben damit sauber.




    Hallo Rolf,


    Mann o Mann, wo treibst du das Zeug bloß immer auf!? Einfach Klasse. :applaudit: :applaudit:


    Gruß
    Berthold

    Hallo Berthold,


    Das Teil stammt aus einer Apothekenauflösung, hat da über hundert Jahre in einer Schublade gelegen und wurde nie benutzt.



    Ich habe selber bei meiner Recherche kein weiteres Exemplar gefunden, bis auf eine Lampe die nach dem selben Prinzip funktioniert und wohl für den stationären Bereich gedacht war. Hier zu sehen: https://www.antik-sammeln.ch/index.php/berufe/arzt-apotheker


    Diese Spritzen kann man in der Bucht finden. Sie lassen sich zum reinigen zerlegen.






    Hallo Rolf, unfassbar was du da immer ausgräbst. Klasse. Ich sehe das wie Erich mit den Ablagerungen. Das müsste das Vergällungsmittel sein. Je nach Spiritusmarke ist das sehr unterschiedlich wieviel da drin ist. Der Arzt hat früher wahrscheinlich einfach etwas von seinem medizinischen Alkohol genommen und das Problem gar nicht gehabt.
    CU Bernd

    Hallo Bernd, ja, ich bin mittlerweile zu dem gleichen Schluß gekommen wie ich gerade erwähnte, und mit dem Alkohol bilden sich keine Ablagerungen. Ich hatte allerdings auch den preiswerten Haushaltsspiritus benutzt.



    @ rollschmidts


    Danke für deine Hinweise.
    Ich weiß jetzt nicht ob im 19. Jahrhundert in dieser Form gegen Pocken geimpft wurde.
    Über eine Quellenangabe dieser Brenner wäre ich dankbar.
    Ich selber habe kein vergleichbares Exemplar gefunden.

    Gruß Rolf


    Den Kopf nicht nur zum Haareschneiden nutzen...

  • Hi Rolf, zumindest die Spritze auf dem zweiten Bild hat keinen Record Konus sondern ist eine "Dauer" Kanüle" mit Gewindeanschluss. Die Art Spritzen kenne ich noch aus meine Ausbildung. Obwohl es da schon längst sterile Einmal Kanülen gab hatte eine meiner Ausbilderinnen den Spleen diese Teile noch zu benutzen. War vielleicht auch Lehrlingsquälerei ;-) Jedenfalls wurden diese Kanülen penibelst gereinigt dann händisch frisch geschärft und fein abgezogen und dann Dampfsterilisiert. Dann kam der Record Konus an den Kanülen und Einmalspritzen, dann der Luer und danach der Luer Lock. Das lässt einen die Kanüle durch eine Drehung fest verriegeln.
    CU Bernd

  • Schließe mich meinen Vorrednern an und staune ebenfalls.


    Rekord-Spritzen kenne ich noch aus "grauen" Zeiten.
    Allerdings keine re-sterilisierbaren Kanülen mehr.
    Wobei wir die Spritzen zu Zwecken anwendeten,
    deren nähere Beschreibungen ich mir hier erspare
    - nur soviel: das war in der Männer-Urologie ...


    Heutzutage verwendet man im medizinischen Bereich aus vielerlei Gründen
    fast nur noch Wegwerf-Artikel ... außer z.B. im OP und sonst. Funktionsabteilungen.


    "Früher" war das einfach einfacher, vor allem auch, weil es kaum resistente Keime gab
    und die Leute von Haus aus "gesünder" waren.
    "Heutzutage" wird mit großem Aufwand und für wirklich teuer Geld aufbereitet.
    Dafür wird selbst in kleinen Häusern bis in den Millionbereich investiert.


    Umso interessanter, sehen zu können, was man sich früher schon für Gedanken machte,
    um die Patienten nicht noch kränker zu machen, als sie schon waren.

    :)

    Gruss aus dem "Bayerischen Nizza"
    Rüdiger II.
    ___________________________________________________________________________________________
    So ist das halt mit dem Licht: Mal brennt es und mal brennt es nicht ...
    ALLE haben immer gesagt: DAS GEHT NICHT.
    Dann kam EINER, der wußte nix davon und HAT'S einfach GEMACHT.

    | In der Theorie gibt es keinen Unterschied zwischen Theorie und Praxis, in der Praxis schon. |

  • Hallo Bernd,


    Danke für den Hinweis.
    Ich kenne mich mit Spritzen und ihren Varianten selber nicht aus, nutze aber dieses Teil seit etlichen Jahren in der Werkstatt, hauptsächlich zum Ölen, weil es sich so schön zerlegen und reinigen läßt.
    Ich habe mal eine Detailaufnahme gemacht. Das hantelförmige Kanülenende wird von einer Blattfeder am Haltemechanismus an den Kanal der übrigen Spritze gepreßt.




    Rüdiger, das mit dem Wahn, Wohnbereiche möglichst klinisch rein zu halten, und sich so der Möglichkeit von Bildung natürlicher Abwehrstoffe zu berauben sehe ich genauso.
    Die heutigen Wohnbereiche sind nicht nur steril, sondern sehen vielfach auch steril aus, was zumindest bei mir kein Wohlfühlen aufkommen läßt. Eine weitere Ausführung würde aber zu off topic werden...



    Zwei Überlegungen haben mir gezeigt wie gut durchdacht die Konstruktion dieser Desinfektionslampe ist.
    Mich wunderte das die Dochthülse mit der Vorwärmschale nur aufliegt, anstatt wie sonst üblich fest verlötet zu sein.
    Auch die Vorstellung, wie umständlich es für den Arzt sein müßte jeweils die Vorwärmschale mit Brennmittel zu füllen, führte nach dem Motto "Versuch macht Kluch" zur Erleuchtung. Grins, und die eigene Erleuchtung ist ja im Umgang mit leuchtenden Lampen nicht ganz verkehrt.
    Nachdem die Lampe aus dem hölzernen Behältnis genommen wurde, wird sie kurz in die Waagerechte gedreht. Dadurch fließt Spiritus/Alkohol in die Verschlußkappe.
    Nun wird die Lampe aufgestellt. Dabei fließt das Brennmittel wieder ins Bassin, bis auf den Rest in der Vorwärmschale.
    Nach dem Abdrehen der Verschlußkappe kann das Brennmittel in der Vormwärmschale entzündet werden, und nach dem Erreichen der richtigen Temperatur startet die Lampe.
    Einfach und genial.


    Gruß Rolf


    Den Kopf nicht nur zum Haareschneiden nutzen...